Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Donnerstag, 28. Juni 2018

Schuldige Luftballons, fehlende Spirituosen und Magic Mike im Kinderwagen: Kinderfeste sind kein Spaziergang


Ich bin stets bemüht, den möglichst vielseitig interessierten Leser anzusprechen. Daher finde ich auch nichts daran befremdlich, direkt nach einem Artikel über Swingerclubs und Wege zur Eheöffnung eine Story über Kinderfeste zu veröffentlichen. Auch wenn ich es mir manchmal gerne anders herum wünsche: derzeit besuche ich letztgenannte Veranstaltungen öfters als die körperbetonte Erwachsenenvariante. Das liegt primär daran, dass die Müllerkinder leider immer noch nicht aus dem Alter heraus sind, in dem man bei Hüpfburgen den Spaß und nicht die Bakterien sieht und sekundär an Sarahs „Robbenmann“-Trauma vom letzten Clubbesuch. Letztlich leben Müllers in einer Art Scheindemokratie, in der man zumindest manchmal den Kindern Mitspracherecht bei der Freizeitgestaltung einräumt (und sei es nur für's Gewissen), Sarah und Marco haben als Gegenstück der Quattroehe so eine Art doppelte Staatsbürgerschaft und nehmen nicht an jedem Entscheid teil, entgehen dadurch aber auch in der Mehrheit der Teilnahme an Kinderfesten. Das ist auch gut so. Für die Kinder. Und vor allem für Sarah.

Schon vor über 30 Jahren schafften es solche Events nicht, mir ehrlich positive Emotionen zu entlocken.
Meistens läuft es ja so: Man fährt einige Wochen täglich auf dem Weg zur Schule möglichst so schnell an den Plakaten für solche Veranstaltungen vorbei, dass man hofft, die Kinder könnten auf Grund der Geschwindigkeit die quasi vorbeifliegenden bunten Buchstaben und Clownsnasen nicht erfassen. Irgendein Kind aus der Klasse posaunt dann aber heraus, dass es mit seinen offenbar distanzgeminderten und grenzwahnsinnigen Eltern genau dieses Fest am Wochenende besuchen wird und so nimmt das Unglück seinen Verlauf. „Mutti, da könnten wir doch auch mal hingehen.“ „Wir könnten es aber auch lassen.“ - „Aber…!?“ Hat also wieder nicht geklappt.

Man hofft bis wenige Minuten vor dem Aufbruch zum bunten Reigen aus Schmetterlingen mit Zahnlücken und rothaarigen DarthVaders zumindest auf meteorologische Kooperation obwohl einem unterbewusst völlig klar ist, dass es schon Scheiße regnen müsste, um die Kinder noch von ihrem freudbetontem Plan abzubringen. Ist ja eigentlich auch egal ob es regnet oder arschkalt ist, wir sind ja eh im Bubblefußball. Dass Frau Mutter nur knapp an einer Nierenbeckenentzündung vorbeischrammt, während sie Jacken und Rucksäcke haltend wie ein Lakai im Matsch wartet, weil unter allen schützenden Bäumen Gruppen aus Müttern mit Babybäuchen oder Kinderwagen stehen, wird billigend in Kauf genommen.

Schon mehrfach habe ich direkt beim Erblicken der ersten Menschenansammlungen im Umfeld solcher Festivitäten leidvoll feststellen müssen, dass ich schon wieder den Flachmann vergessen und noch nicht mal Zugriff auf einen Handtaschenprosecco habe. Freilich kann man diesen groben Planungsfehler niemandem anderen außer mir selbst zur Last legen. Dass sich der Alkoholausschank bei Familienfesten allerdings in der Regel auf Bier und süßen Sekt beschränkt, betrachte ich als groben Affront.

Man kann sich im privaten Umfeld andere Eltern und Kinder so gut es geht vom Hals halten, indem man den notwendigen Smalltalk auf ein „Hallo“ beschränkt. Als Lehrer allerdings ist man quasi dienstlich zu mehr als einer Begrüßungsfloskel verpflichtet. Da die Mehrzahl der Eltern und Kinder Dienstpflicht von echtem Interesse allerdings nicht unterscheiden können, wird einem in der Freizeit oft unmenschlich viel Interaktionsbereitschaft abverlangt. 
Mein Lehrerdasein und die dienstlich verpflichtende Bekanntschaft mit den Eltern der geschätzten Schülerpersönlichkeiten ist übrigens auch ein tragender Grund für den großen Bogen, den ich um öffentliche Badeanstalten mache. Ich möchte Frau Meier weder im Badeanzug sehen noch ihren sieben Kindern dabei zuschauen, wie sie sich endlich mal ihre schmutzigen Ohren waschen.

Hier auf dem Land ist ein Kinderfest ja immer auch ein Ereignis, dass sich nicht allein durch die Anwesenheit der unfertigen Menschen im Arbeitstitel sowie ihrer Erziehungsberechtigten definiert. Wenn sonst nichts los ist, trifft man dort nämlich auch die pubertären Möchtegernerwachsenen, die sich in Ermangelung eines Autoscooters immer noch lieber im Dunstkreis einer Bastelstraße aufhalten, als zu Hause zu sein. 
Während ich mir morgens beim Einlass vor der Schule einen Spaß daraus mache, ihnen ein Guten Morgen abzunötigen indem ich möglichst durchdringend beim Grüßen mit Aufforderungscharakter unter ihre Basecaps oder durch das Makeup starre, genieße ich es in der Öffentlichkeit außerordentlich, wenn die reifenden Persönlichkeiten lieber Abstand halten. Das tun zum Glück die Meisten. Es gibt aber auch Individuen wie Justin. Ich schrieb bereits schon einmal eine ausführliche Abhandlung über den distanzgeminderten Jugendlichen. Nein, nicht der Justin aus der Dritten, den die Polizei abführen musste, sondern der große Justin, der mir einmal einen kompletten Einkauf kommentierte wie Béla Réthy ein WM-Spiel.

Auf diesen Justin treffe ich auch heute. Schon von weitem sehe ich ihn am Fußweg vor dem Einlass stehen und schaue angestrengt in die geschätzt 150Grad Blickwinkel, die sich mir jenseits seines Anblicks bieten. Ich bin ja kein Arsch und definitiv hätte ich ihm huldvollerweise mit dem Standard-Hallo im Vorbeigehen bedacht, wollte aber äußerst gerne auf überflüssigen Blickkontakt auf langer Distanz verzichten. Justin allerdings scheint das nicht zufrieden zu stellen. Es gibt sie, diese Schüler deren Körpergröße eine entgegengesetzte Proportionalität zum Intellekt darstellt. Justin ist einer von ihnen. Deswegen tritt der 1,95große, lederbejackte aber bartlose Lulatsch urplötzlich direkt vor den verdutzten Herrn Müller, schneidet ihm quasi den Weg ab und stellt sich so vor mich, dass selbst die hinter mir her laufenden Müllerkinder einen Haken schlagen müssen, als läge bei MarioKart plötzlich eine Bananenschale kurz vorm Zieleinlauf. 
„Hallo, Frau Müller“ höre ich es von oben, während sich die Brusttaschen seiner Jacke knapp über meiner Augenhöhe befinden. „Hallo Justin“, erwidere ich ohne meine Schrittgeschwindigkeit zu verringern und mit einem großen Schritt in bester TakeshisCastle-Manier um die zwei Längenmeter Dummheit herum. 
„Wer war das denn?“ fragt mich Herr Müller zu Recht erschrocken. 
„Ein Schüler.“ – „Ah.“

Drinnen sind die Kinder genauso schnell weg, wie das Geld. Und weil sie zwar leider noch nicht zu alt für Kinderfeste sind, aber immerhin alt genug um sich dort weitgehend alleine zu bewegen, bleibt es den Müllers erspart auf Rutschen zu klettern oder Hüpfburgen zu betreten. Für die Hüpfburg fehlt der Alkohol, auch wenn der Gedanke, mit einem gezielten 65kg-Hops eine ganze Gruppe Fünfjährige über die aufblasbare Burgmauer zu katapultieren, durchaus einen ernstzunehmenden Reiz darstellt. Aber man hält sich dezent im Hintergrund – das verringert auch das Risiko angesprochen zu werden. Ein freundliches Nicken dahin, ein „Hallo“ dort hin. Nein, ich will nicht in deinen Kinderwagen schauen. Es sei denn Magic Mike und seine Kumpels sitzen drin und reichen mir ein Sektchen. Wie Babys aussehen, weiß ich schon. 

Das Sektchen aus der Hand des Strippers würde mir auch helfen, die unsägliche Beschallung zu ertragen. Die Tatsache, dass Helene Fischer mit Cabalier und dem Gorilla mit der Sonnenbrille random und in Dauerschleife laufen, spricht erstens nicht gerade für Schlager, beleidigt zweitens den Gorilla und sorgt drittens für noch mehr schlechte Laune. Weiter laufen, die Augen verdrehen und sich über die Betreuer an den Ständen wundern, die wirken, als bräuchten sie selbst Betreuung.

Zum Glück will keiner der Müllerjungs geschminkt werden. Von geschminkten Kindern bin ich gleich mehrfach traumatisiert. Einmal als ich zu einem Stadtfest in acht Stunden Akkordarbeit gefühlt 200 rosa Glitzerschmetterlinge produzierte und ein paar Jahre später in der Hälfte der Zeit auf unserem Schulhof ebenso viele Eisprinzessinnen. Eine Tätigkeit, deren Ausführung von einem Campingstuhl aus eigentlich das anschließende Notfall-Wiederbeleben durch einen talentierten Chiropraktiker nötig macht. Den Todesstoß versetzte mir schließlich der deckend in rot und schwarz geschminkte dreijährige Minimüller mit den Worten „Ich bin Beidersmänn (Spiderman)!“ Auge in Auge mit meinem ivoryfarbenen Brautkleid.

Nein, heute genügen beiden Jungs die unzähligen luftgefüllten Piratenschiffe, Rutschen und Hindernisbahnen, deren Gesamtkeimpopulation dank einer Million sockenloser Kinderfüße sicherlich die einer rumänischen Autobahntoilette übersteigt.
 
Mein Lieblingsmensch an diesem Tag ist der mürrische kleine alte Zuckerwatterverkäufer mit der schmuddeligen Schürze in seinem Retrocampingwagen, der sich mit der Mutter anlegt, die sein Softeis erst zu klein und dann zu teuer findet. Aber Hauptsache einen Hipsterkinderwagen im Wert eines 14-Tage-AI-Türkeiurlaubs vor sich herschieben.

Wir sind schon auf dem Weg zum Ausgang weil es zum Glück endlich beginnt ernstzunehmend zu regnen, als der kleine Müller aus keinerlei rationalen Gründen beschließt, unbedingt noch einen Luftballon zu benötigen. Die gibt es geschenkt und darum steht auch eine riesige Schlange vor den beiden Praktikanten mit der Heliumflasche. „Du willst dich nicht ernsthaft hier anstellen für einen Luftballon!?“ Und da steht er auch schon. Man überbrückt also die Wartezeit, wohnt zumindest vom Rande des Festzeltes aus dem Programm des Alleinunterhalters bei und stellt sich die dringende Frage, ob es für oder gegen das Talent des Tribute-to-Howard-Carpendale-Performers spricht, wenn er als Programmpunkt für Sonntagnachmittag um vier in Kuharschhausen geplant ist, nur damit Tante Heidruns graue Kaltwelle im Takt vor sich hin wippt.

„Kuck mal Mama, ich hab…“ und da fliegt der gelbe Luftballon auch schon zielgerichtet und imaginär mit ausgestrecktem Mittelfinger Richtung Himmelblau während der kleine Müller traurig den eben noch euphorisch in die Luft gestreckten Arm sinken lässt und leise „Scheiße“ sagt. 
„Siehste!? Heliumluftballons sind Mist. Sie fliegen weg, landen irgendwo im Wald oder im Meer. Dort werden sie von wilden Tieren gefressen und die sterben dann daran. Die sollten längst verboten sein.“  Kaum vorstellbar, aber die Miene des Minimüllers verdunkelt sich noch mehr. Daran kann auch die Maxipackung Quarkkräppelchen nichts ändern. Die Tatsache, dass man im Anschluss an den Besuch solcher Veranstaltungen als Eltern die Kochverweigerungskarte mit der „Ihr habt doch schon gegessen“-Begründung ausspielen kann, ist für mich der einzige ernstzunehmende Vorteil.

Zuhause angekommen dekontaminiert man die Kinder am besten mit einem Wannenbad. Der kleine Müller wirkt immer noch emotional stark angeschlagen. Der Luftballon, dieses Arschloch. Als er im Bett liegt, entschuldige ich mich bei ihm. „Sorry“ sag ich, „das war nicht in Ordnung, dass ich dich nicht getröstet habe, als dir der Luftballon weggeflogen ist. Du hattest dich ja extra angestellt und dich so gefreut als du einen hattest. Ich hätte mir ja auch die Zeit nehmen können und dir gleich ordentlich erklären können, dass diese Luftballons nicht gut sind. Tut mir leid.“ – „Schon gut, Mama.“

Schon gut? Is das alles? Bin ich die Einzige in der Familie, die die hohe Kunst der Selbstreflexion beherrscht? „Entschuldigung Mama, dass du mit uns da hin gehen musstest und wir dich noch nicht mal daran erinnert haben, einen Sekt einzupacken. Sorry, dass du mit den Müttern unserer Kumpels reden musstest und schlechte Musik deine Ohren quälte. Es tut uns leid, dass das billige Tiefkühlbrötchen zu deiner Rostbratwurst noch nicht mal getoastet war. Und wir entschuldigen uns auch dafür, dass die Sonne nicht geschienen hat und das Thermometer nicht wenigstens 20 Grad zeigte.“ Das wäre zumindest ansatzweise eine angemessene Reaktion gewesen. Was soll’s: als Eltern gibt man halt. Und wenn es nur zweifünfzig für ne Limo sind. 

Mich würde ja mal interessieren, ob es Studien zu späten Traumata bei Lehrerkindern gibt. Are there Erfahrungsberichte anywhere? Her damit.

Traumata und effektive Bewältigungs-
möglichkeiten gibt es in unregelmäßigen
Abständen vor allem bei Frau Müller auf
FACEBOOK. Garantiert ohne Luftballons.
Dafür aber mit Mehrweg-Penisstrohhalm. 
Also am besten gleich abonnieren. 

Mittwoch, 20. Juni 2018

Von Dirtytalk und Hobbygärtnern: Wie man Wünsche verwirklicht und Blümchen tötet ODER (K)eine Anleitung zur Eheöffnung


Ich glaube, ich erwähnte es bereits: entgegen all der Food-, Beauty- und Fitnessblogger schreibe ich nicht um gute Ratschläge und geniale Hacks loszuwerden (außer es ist Blogtober und ich mach mal was Verrücktes), sondern um Geschichten zu erzählen oder Gedanken loszuwerden, die mir durchs Hirn spuken. Präbloggerisch meinten einige meiner privaten Kontaktpersonen, es sei manchmal recht unterhaltsam, mir zu zu hören. Unterhaltsam erzählen. Mehr wollte ich gar nicht. Mir scheint, als schaffe ich das auch das ein oder andere Mal. Und dann erreichen mich eben hin und wieder Nachrichten, die von mehr als nur guter Unterhaltung berichten. Es soll nämlich vorgekommen sein, dass in einigen wenigen Menschen etwas bewegt wurde. Von solchen Prozessen berichtete kürzlich bereits der SchMärz, aber auch ganz abseits der Folterwerkzeuge flattern hin und wieder blaue Umbruchbänder durch die Lüfte...
 
Von allen Artikeln, die im Lehrerzimmer so dahin gehobelt werden, sind die SchMärz-Geschichten sowie alle Artikel mit einem Bezug zur Quattroehe, die mit dem stärksten Feedback. Und entgegen der Erwartungen vieler, hielten sich kritische Äußerungen bezüglich unseres nennen wir es alternativen Partnerschaftsmodells eher in Grenzen. Was muss man eigentlich für einen Shitstorm noch leisten???

Mich schrieben zum Beispiel Frauen und Männer an, die ganz ähnlich leben. Vor kurzem allerding kontaktierte mich eine junge Dame, deren Nachricht mich nachdenklich stimmte. Ich muss dazu sagen, ich nehme mir für alle Nachrichten von Lesern Zeit, diese zu beantworten, so lange sie über ein „Daumen hoch“, „Hallo“ oder ein GiF, in dem ein Teddy mit einer roten Rose winkt, hinaus gehen. Ich beantworte Fragen, wenn ich dahinter ehrliches Interesse und nicht pure Neugierde oder irgendwas Ekliges wahrnehme und der Fragende nicht gleich mit der Tür ins Haus fällt. Und soweit ich das kann, berate ich auch im Rahmen meines Erfahrungshorizontes. Beratung ist ein großes Wort. Sagen wir, ich gebe meine Meinung zu einer Problemstellung ab.

Diese Leserin schrieb mir also sinngemäß, dass sie die Art, wie wir unsere Vierecksbeziehung leben, ganz klasse findet und obwohl sie seit einigen Jahren verheiratet ist, die monogame Art zu leben als nicht normal und langweilig empfindet. Sie würde ihren Partner gerne überzeugen, aber das sei sehr schwierig, schrieb sie außerdem. Bei dem Wort überzeugen begann mein Inneres unruhig auf seinem Stuhl herum zu rutschen. 
Was rat man in so einem Fall? Tagelang von nichts anderem reden und wenn es sein muss, laut und deutlich schmollen? Ich denke, diese Strategie funktioniert, wenn es um überteuerte Schuhe, notfalls noch die Wahl des Urlaubsziels oder die Anschaffung einer dritten Katze geht. Bei dem Vorhaben, eine Beziehung zu öffnen, und sei es auch nur ein klitzekleines Stückchen, ist Vorsicht und Einfühlungsvermögen die Mutter im Porzellanladen. Wo bitte gibt es eigentlich einen Porzellanladen?
Wie dem auch sei. Ich habe kein Patentrezept, keinen To-Do-List oder einen Fünf-Stufen-Plan zum Erreichen sexueller Offenheit jenseits ehelicher Grenzen. Ich weigere mich zu sagen: Tu dies oder mach jenes. Menschen und Wege sind verschieden. Und sicherlich erzählt jeder Swinger oder Poly oder anders alternativ lebend und oder liebender Mensch seine Geschichte anders. Nur Sex. Nur Liebe. Sex und Liebe. Allein, zu zweit, zu dritt, zu viert, mit festen, mit wechselnden Partnern. Jeder sucht sich aus, was er mag. Was alle gemeinsam haben, ist das Einvernehmen. Mit allen Beteiligten.
Was also raten, einer jungen Frau, die nicht unglücklich aber für sich selbst scheinbar langweilig verheiratet ist, mit einem Mann, der sich von Experimenten jenseits der Zweierintimität nur mäßig begeistert zeigt. Ich rate nichts, ich erzähle. Das kann ich besser. 

Bei den Müllers war es eigentlich weniger die Langeweile, als vielmehr der Wunsch danach, einige der blumig ausgeschmückten Dirtytalkgeschichten in die Realität umzusetzen. Dirtytalk ist für mich persönlich schon ein Qualitätsmerkmal für guten Sex, vor allem dann, wenn er über Standard-Pornodialoge wie "Oh ja" und "Mmmh" hinausgeht. 

Diese Art der Gesprächsführung ist für mich eine Art Anzucht von Gesprächskeimlingen. Ihr wisst schon, diese klitzekleinen Sonnenblumenkerne, die man auf der Fensterbank im Joghurtbecher zunächst heranwachsen lässt, um sie später ins Beet umzusetzen. So funktioniert das auch mit Wünschen und Vorstellungen sexueller Natur. Man kümmert sich gemeinsam um das kleine Pflänzchen, achtet ganz sorgfältig darauf, was der andere tut, ob er es gießt oder in die Sonne stellt und richtet sich danach. Bloß nicht überwässern oder vertrocknen lassen. Wenn das Wunschpflänzchen groß genug ist, dann kann man es in den Alltag pflanzen. Beim Autofahren, Kaffeetrinken oder Fernsehen wird weiter sinniert. So kann ein Wunsch durchaus Gestalt annehmen.

Bei Müllers war es zunächst der Wunsch nach einer zweiten Frau. Und der kam wider allgemeinen Erwartens nicht von Herrn Müller. Nein, ein Mann fühlt sich nun mal an wie ein Mann (und das ist gut und richtig so) aber um eine Frau zu fühlen, braucht es nun mal ne Frau. Bis zu diesem Punkt scheint das für die meisten Leser vermutlich keine großen Einbußen für den Mann zu bringen. Aber ihr werdet lachen: wenn man ins Gespräch kommt, trifft man tatsächlich auf nicht wenige Männer, für die es schon eine Hürde ist, die eigene Frau mal einer anderen Frau zu überlassen. Wenn die Herren der Schöpfung dann noch nicht mal zuschauen dürfen, wird’s noch schwieriger…

Der Freundes- und Bekanntenkreis war gedanklich schnell ausgewildert. Nee, dat war den Müllers nix. Was, wenn der Sex mies ist? Werde ich dann jemals wieder mit diesen Menschen unbefangen grillen können?
Erotikforen sind für mich persönlich eine absolute Bereicherung. Dank Nickname bleibt man anonym und kann sich als Pärchen erstmal in Ruhe umschauen, stößt auf andere Pärchen und auch das hilft, das Wunsch-Sonnenblümchen weiter gedeihen zu lassen. Nachdem Müllers festgestellt hatten, dass Frauen, die gerne ein Gastspiel auf ehelichen Laken geben, recht rar sind, orientierte man sich in Richtung zweites Paar. Hier gab es nämlich erstaunlich viele Mitsuchende, deren Wunschkonstellation ähnlich geartet war, wie die der Müllers. Man zog einen Swingerclubbesuch in Erwägung und machte seine ersten Erfahrungen. An anderer Stelle ging ich bereits näher darauf ein (Hier klicken).
Nach diesen ersten Erfahrungen war allerdings erstmal gar nichts so richtig in Butter. Denn das was man sich vorgenommen hatte und das was am Schluss dabei heraus kam, lagen so weit auseinander wie Nord- und Südpol. Plan: ein zaghafter Anfänger-Vierer bei dem sich die Männer zurückhalten und die Frauen Spaß haben, mehr neben- als miteinander. Was tatsächlich geschah: Partnertausch in getrennten Räumen. Die Königsdisziplin sozusagen. Der Effekt: Computernerd läuft Ironman. Nulllinie.

Wie es zu diesem folgenreichen wrong turn kam, habe ich auch bereits an anderer Stelle ausführlicher erzählt. Das Pflänzchen war totgegossen. Und daran hatten zunächst wir beide und danach vor allem die Müllerin Schuld. Weil wir auf falsche Gärtner hörten, die sagten: „Je mehr du gießt, desto schneller wächst die Blume.“ Das kam uns absolut logisch vor. Schließlich waren die beiden Experten. Ab einem gewissen Punkt goss nur noch die Müllerin, so sehr beschäftigt mit dem Gießen, dass sie nicht bemerkte, dass Herr Müller bereits aufgehört hatte zu gießen und mäßig angetan war, angesichts der Emsigkeit seiner Frau.
Wir fanden uns wieder an einem Punkt, an dem Herr Müller grundlegende Zweifel an der Sinnhaftigkeit des ganzen Versuchs hatte und ich für mich die Feststellung machte, dass ich mindestens auf Frauen nicht mehr verzichten wollte. Schwierige Tage und Wochen und die Beziehung ins Mark erschüttert. An einem Punkt, an dem man feststellt, dass die Bedürfnisse – wenn auch nur scheinbar – auseinander gehen, wird jede Beziehung auf eine Zerreißprobe gestellt. Jemand hat ein grundlegendes Bedürfnis, dem der andere nicht nachkommen kann und oder will. Setzt man die Bedürfnisse durch, verbiegt sich der andere. Stellt man seine Bedürfnisse zurück, existiert fortan ein impliziter Vorwurf, mit dem der andere Partner leben muss. Dünnes Eis für eine Ehe. 

Jetzt könnte man meinen, ein Kompromiss wäre die einfachste und fairste Lösung. Fair möglicherweise. Einfach mitnichten. Dafür wäre es ja zunächst nötig, den Standpunkt des jeweils Anderen zu akzeptieren. Das ist selbst in unserer scheinbar ach so modernen Gesellschaft heutzutage für jemanden, der sich eine Öffnung seiner Beziehung wünscht, nicht ganz leicht, denn Akzeptanz für dieses Lebensmodell findet man nicht mal ebenso am Straßenrand. Im ungünstigsten Fall möchte man in den Augen des Partners also etwas völlig Absurdes und noch dazu Unmoralisches. Etwas, das die Vorstellungskräfte mancher Menschen weit überschreitet und vor diesem Hintergrund zwangsläufig in einer Flut aus Vorwürfen endet: Reiche ich dir nicht?

Wie soll man(n) oder frau also akzeptieren. Letztendlich müssen beide Partner, wenn es zu einem Kompromiss kommt, ein Stück weit von ihrem Standpunkt abrücken. Wie genau das beim tatsächlichen Ausleben des Wunschs nach mehr Offenheit funktioniert, kann ich nicht sagen. Ich kann aber am müllerschen Beispiel beschreiben, wie zumindest der Weg hin zur Offenheit zum Kompromiss wurde.
Ebenso viel Schweigen wie Reden, eine (beruflich bedingte Zwangs-) Sexpause und das Zurückerinnern an das hübsche Pflänzchen, das man gemeinsam groß gezogen hatte, bevor es totgewässert wurde, half den Müllers beim Neustart in Richtung Wunscherfüllung und ausgewachsene Sonnenblume. Ganz ohne Verabredung inklusive Erwartungen besuchten wir den Swingerclub vom Anfang nocheinmal. Wir hatten erstaunlich wenig gesehen von dem hübschen Ambiente bevor wir quasi von den Wölfen in ihren Bau gezerrt wurden. 

An diesem Abend hatten wir Sex, viel Sex und ausgezeichneten Sex. Und ausschließlich miteinander. Diese Erfahrung und die Erkenntnis, dass auch zwischenmenschlich wenig bis gar nichts in unserer Startkonstellation mit den Wölfen gestimmt hatte, ließen das neue Pflänzchen kräftig wachsen. Das Eingeständnis an uns selbst, dass völlig anonymer Sex, bei dem höchstens Vornamen eine Rolle spielen und Sympathien über das gemeinsame Glas Sekt an der Bar nicht notwendig sind, nichts für uns ist, war die eigentliche Öffnung. 

Der darauffolgende Weg, in den Artikeln der Reihe „Friends with benefits“ schon ausführlich beschrieben, war auch nicht ohne jeden Stein, aber wir gingen ihn gemeinsam bis an den Punkt, an dem wir heute stehen und rundum glücklich sind.

Ich bin nicht die Päpstin der Beziehungsöffnung. Und am Rande: so offen ist die Beziehung der Müllers nicht. Wir sind monogam in unserem Viereck und Alleingänge gibt es nicht. Wenn das für einige Schandmäuler und Überdrüssige der eigenen Einöde aus dem Bekanntenkreis schon reicht, um von Orgien zu sprechen, dann bitte schön. Manchmal verrät man damit schon sehr viel über den eigenen Horizont – und wenn dieser nur vom Ortseingangs- zum Ortsausgangschild reicht. Kleiner, nicht verkneifbarer Seitenhieb aus gegebenen Anlass.
Alle, die sich nun durch die knapp 1500 Wörter quälten, auf der Suche nach echtem Mehrwert und einer aus Piktogrammen bestehenden Anleitung zum Selbstbau eines unendlichen Sexuniversums belohne ich abschließend mit den ersehnten Ratschläge – aber nur drei und nur, weil sie aus den müllerschen Erfahrungen wuchsen - die Sonnenblumenkerne sozusagen:
  • Achtet aufeinander und überredet nicht.
  • Das Tempo bestimmt der Langsamere.
  • Ihr beide habt ein Recht darauf, dass der jeweils Andere eure Wünsche ernstnimmt.
Das Leben ist kein Swingerclub.
Manchmal ist auch eine ordentliche
Portion Absurdistan dabei und
schließlich hat vermutlich jeder
seine ganz eigene MüllerMansion.
Den Newsticker aus allen drei
Mikrouniversen gibt's per

Mittwoch, 13. Juni 2018

Todesschränke, Gremlins und eigenwillige Peristaltik ODER Licht und Schatten der Anonymität


Wenn die fürsorglichen Mütter der Nachbarskinder und aus den anliegenden Straßen ihren nach harter Arbeit wohl verdienten Feierabend auf der Hollywoodschaukel zwischen Schmetterlingsflieder und Fingerahorn antreten und die mittlerweile einsvierzig großen Leibesfrüchte mit mehr Plastikmüll in den Hosentaschen als in allen Weltmeeren zusammen, nachdem am ökologisch korrekten, aus heimischen Hölzern von einarmigen Häftlingen zum Zwecke der Wiedereingliederung ins Berufsleben gefertigten Schreibtisch gewissenhaft die Hausaufgaben erledigt wurden, rufen „Mutti, ich geh raus spielen!“, dann antworten die Mütter: „Aber natürlich mein Schatz. Wo willst du denn hin?“ 

Die Antwort der kleinen Nachwuchsbalotellis mit dem runden Leder unterm Arm lautet: „Zu den Müllers!“ Und so lehnen sich die umsichtigen Mamis zurück in die Geborgenheit spendenden Polster des Outdoorrelaxmöbels, greifen zum Pilcher-Schinken und lauschen in die nachmittägliche Ruhe, mit dem guten Gefühl, ihr Kind bestens aufgehoben zu wissen. Die Müllers. Ach. Bei der Lehrerin. Na dann ist ja alles gut.

In meiner Küche gibt es einen Schrank, der familienintern Todesschrank genannt wird. Eigentlich trägt dieser Todesschrank diese Bezeichnung völlig zu Unrecht, denn es war sein Vorgänger in der alten Küche, der einmal versucht hat, mir gleich drei Finger gleichzeitig abzubeißen. Seitdem machte ich einen großen Bogen um diesen Schrank mit der Klappe und dem Feststell-Scharnier, dass so zuverlässig seinen Dienst verrichtete, wie ein Neuntklässler der Förderschule seine Physikkontrollen unterschreiben lässt.

Aber weil jede Küche, nein jeder Haushalt, einen Todesschrank braucht, nämlich auch einen Schrank, in den man so selten rein schaut, dass darin all die Dinge ihren Stammplatz finden, die man sehr wenig oder eigentlich gar nicht mehr braucht, wurde das kleine Fach über Backofen und Mikrowelle in der umgebauten Küche ebenso getauft. 

In diesem Schrank befindet sich neben Backblechen und allen noch original verpackten Anleitungen der Küchengeräte, eine kleine Dose mit grünen Kräutern, die ich einst bei großstädtischen Studentenfreunden gegen eine Babyerstausstattung eintauschte und die mir in Zeiten höchster Anspannung oder einfach Samstagabend per Inhalation ein äußerst entspanntes Gefühl bescheren.

Außerdem befindet sich in diesem Schrank ein roter 40 Zentimeter langer Doppeldildo. Um es vorweg zu nehmen: das Ding war eine Enttäuschung. Aber darum soll es hier nicht gehen. Denn die Frage, wie dieses anstößige Stück Kunststoff in meinen Küchenschrank kommt, findet der seriöse Leser vermutlich wesentlich spannender. Ich persönlich möchte allerdings zunächst erklären, warum es immer noch dort ist, insbesondere nachdem es vor einiger Zeit dem Herrn Schwiegermüller beinahe in die Hände gefallen wäre, als er spontan das Platzangebot unserer Küchenschränke inspizierte, da er eine Modernisierung der schwiegermüllerschen Kochräumlichkeiten plante.
Panische Blicke zwischen Herrn und Frau Müller, angesichts des in die Tiefen des Schrankes vordringenden Endfünfzigers inklusive. 

Wir hätten ihm ja schlecht erklären können, dass sein Sohn es für eine tolle Idee hielt, seinen beiden Frauen das Teil in den ersten gemeinsamen Quattroeheurlaub mitzunehmen, seine Schwiegertochter beim Auspacken der Koffer angesichts nahender Kinderfüße einfach auf die Schnelle den Todesschrank zur Goodieschublade umfunktioniert hat und wir beide seit dem einfach auf die passende Gelegenheit warten, das Teil weiter zu verschenken.

Vielleicht traue ich mich irgendwann, das gute Stück selbstverständlich anonym verpackt beim Schrottwichteln in der Schule unter die Kollegen zu bringen oder aber ich lerne das Häkeln und mache einen Zugluftdildo oder Türstopper draus. Die Fenster in der MüllerMansion sind allerdings alle dicht. Ja, diese Episode ist um einiges errötender, als die Frage des großen Müllers, was da für ne coole Powerbank auf meinem Nachttisch liegt.

Warum schreibe ich das alles und vor allem: Was um alles in der Welt hat das mit der kleinen Fremdbratze und seiner miese Belletristik lesenden Mutter zu tun? Es ist ganz einfach: wenn diese Mütter wüssten - und ich schreibe bewusst Mütter, denn die eingangs beschriebenen Erziehungsberechtigten stehen exemplarisch für gefühlt alle Eltern der Nachbarschaft im Alter des kleinen Müllers plus minus zwei Jahre - dass ich es bin, die in ihrem Küchenschrank Sexspielzeug und Zauberkräuter aufbewahrt, die zwischen Messern und Gabeln in der Besteckschublade Penisstrohhalme hortet, die mit dem Mann ihrer besten Freundin schläft und mit selbiger gerne um dieWette rülpst, dann könnte ich meine Nachmittage vielleicht auch in wohlverdienter Ruhe genießen, nachdem mich von Berufs wegen bereits am Vormittag plärrende Blagen folterten.

Weil Menschen aber in Schubladen und keineswegs um die Ecke denken können, findet im Garten der MüllerMansion an etlichen Nachmittagen des Sommers so eine Art Woodstock für unter 10 Jährige statt, an dessen Ende ein Schlachtfeld aus riesigen Plastikflinten, Kindersocken, Eisstäbchen und allen Bällen, die in der Garage aufzutreiben waren, zurück bleibt. Die Geräuschkulisse ähnelt einer Achterbahn in Dauerschleife. Dabei scheinen sich diese Kinder, deren Namen ich mitunter noch nicht einmal kenne, zu vermehren wie Gremlins, wenn sie nass werden. Immer wenn man kurz weg und wieder hin schaut, wird die Kindersuppe im Pool dicker.

Sie betreten den Umkleide- und Cafeteriabereich (Bad, Küche, Flur und Wohnzimmer) bevorzugt ohne zu fragen durch die Hintertüre. „Können wir das hier liegen lassen?“ – „Äääh, nein? In meinem Bad ist vielleicht Platz für drei halbfertige Menschen wie euch, aber ich steige ungern über einen kniehohen Klamottenhaufen, wenn ich mal kacken muss.“ 

Ich wollte immer ne coole Mutti sein. Und vermutlich bin ich das auch, immerhin fragt mich das zwölfjährige Müllerkind gerne ebenso wenig verkrampft wie unvermittelt, wozu man eigentlich Sexspielzeug braucht und ob alte Menschen denn auch noch Sex haben. Außerdem würden sich die kleinen Kurzbeine vermutlich nicht so gerne hier aufhalten, wenn es anders wäre. Bei näherer Betrachtung der heutigen Situation, erschließt sich mir der tiefere Sinn meiner damaligen Ambitionen allerdings nicht wirklich.

Ja, das wäre fein. Wenn diese Mütter sagen würden: „Was? Zu den Müllers? Nein, mein Kind – da geh mal lieber nicht hin. Die Frau Müller ist doch Lehrerin. Die hat sich doch auch mal einen Nachmittag verdient, an dem sie nicht von einer unnatürlich großen Anzahl lärmender Kinder umgeben ist.“ Dabei meinen sie das natürlich gar nicht so rücksichtsvoll, wie sie es sagen. Nur möchten sie ihrem Kind eben auch nicht antworten: „What? Zu dieser irren Müllerin, bei der in jeder Ecke Pornokram rumliegt und die mit ihrem Mann und diesen anderen Leuten Sodom und Gomorrha feiert? Zu denen gehst du nicht. Zum Schluss erstickst du vielleicht noch an einem Penisstrohhalm!“ 
Dem kleinen Rambo im Polyester-Trikot ist das ohnehin egal. Müllers haben einen Pool, nen Trampolin und eine Babykatze. Das ist, was zählt. Wen interessieren schon Dildos und Quattroehen.

Aber auch wenn die verlockende Stille und Poolwasser ohne den Schweiß fremder Kinder durchaus einen ernstzunehmenden Anreiz darstellen, Schluss zu machen mit der Anonymität und beim nächsten Elternabend „Frau Müller“-Flyer mit einem QR-Code direkt zum Blog auszuteilen, lass ich es lieber. Denn stellt euch vor, ich könnte plötzlich nicht mehr darüber schreiben, wie amüsant es war, als das große Müllerkind vor einiger Zeit von einer Schwester auf der Krankenhaustoilette seinen ersten Einlauf verpasst bekam, weil ihn eine ordentliche Verstopfung plagte und er mit zusammen gekniffenem Hintern während der Einwirkzeit erst meckerte, dass ich kein feuchtes Toilettenpapier in der Handtasche habe und dann bettelte, dass ich mit ihm noch vor der großen Eruption nach Hause fahre, damit der Herr Heimscheißer in gewohnter Umgebung sein Geschäft verrichten kann.

 Und weil wir gerade bei Fäkalien in ungünstigen Aggregatszuständen sind – auch die Episode, wie der kleine Müller in der Lobby eines thailändischen Fünfsternehotels plötzlich über einer kleinen braunen Pfütze stand, weil er am Vormittag zu viel Salzwasser geschluckt und am Nachmittag einen Furz unterschätzt hatte, woraufhin Sarah, Marco und Herr Müller den verdutzten kleinen Kerl einfach an den Händen schnappten und mit Unschuldsmiene davon eilten, müsste ich euch vorenthalten. Beiden Kindern wäre es vermutlich unangenehm, wenn sie wüssten, dass ihre Mutter ihre zuweilen unzuverlässige Peristaltik wortreich in die Welt hinaus posaunt.

Weil wir aber nun mal die Müllers sind und ich ne gute Mama, unterhalte ich euch weiterhin mit Peinlich- und Schlüpfrigkeiten der ganzen Familie. Dafür ertrage ich die Gremlins in meinem Pool doch gerne.  

Alle für die Öffentlichkeit
eigentlich viel zu persönlichen
Episoden aus Absurdistan, der MüllerMansion
und einer Quattroehe, die es nicht in einen
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