Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Mittwoch, 17. Januar 2018

Ich war da mal im Swingerclub und dann...: Was Swinger und Kartoffeln gemeinsam haben

Nachdem wir im Mottomonat Swingerclub vergangene Woche zunächst einen Blick auf die angemessene Verpackung für sexuell Aufgeschlossene geworfen hatten, wird heute das Ei gepellt...

Das Leben ist hart, aber wir sind härter. Als wir Fahrrad fahren lernten, fielen wir oft hin, vielleicht schlugen wir uns sogar die Knie und Ellbogen blutig. Aber wir verkauften das Rad nicht, sondern wir versuchten es erneut weil uns irgendein Gefühl sagte, dass Fahrrad fahren fetzt. Unser erster Eierkuchen zerfällt manchmal wenn wir ihn wenden, weil wir den Garpunkt nicht abwarten konnten. Oder wir warten zu lange und wenden einen Bicolor-Eierkuchen, der zur Hälfte aus Kohle besteht. Was tun wir? Wir werfen das missglückte Kochgeschick in den Biomüll und versuchen es mit dem restlichen Teig erneut. Keiner käme darauf, nach diesem Fauxpas nie wieder Eierkuchen zu essen.Warum? Weil wir Hunger haben und wissen, das Eierkuchen was ziemlich Geiles sind…

Den etwas holprigen Einstieg ins Sodom und Gomorrha der Müllers in die Swingerwelt habe ich HIER bereits beschrieben. Aber auch Sarah und Marco rutschten nicht auf rosa Wölkchen in ihren ersten Partnertausch.
Als die Beiden das erste Mal einen Swingerclub besuchten, wollten sie nach einer halben Stunde die Flucht ergreifen. Nämlich genau dann als sich alle Herren per Aufforderung ihrer Buxe zu entledigen hatten und kurz darauf auch die „Knospen den Frühling begrüßen“ sollten. Die Menschen, welche sich daraufhin ungefragt an Marcos Hose und Sarahs BH zu schaffen machten, sollten ihrem Schicksal danken, dass sie ihr Augenlicht nur durch Marcos beschwichtigender Worte an seine Frau nicht an Sarahs Fingernägeln verloren. Dementsprechend kurz und freudlos verlief der Abend.

Versteht mich nicht falsch, ich bin ein Fan von Penissen und romantischer Poesie, aber das unter einem Hemd hervorbaumelnde Gemächt von Männern verschiedensten Alters und Körperbaus finde ich bezüglich seines anregenden Charakters zumindest fragwürdig. Außerdem möchte ich selbst entscheiden wann ich meinen BH ausziehe und ob ich meine Caprese lieber mit bedeckten Nippeln esse.

Ja, es gibt solche Clubs. Selbstgezimmerte Bars mit Holzverkleidung und Lichtschläuchen, hinter denen Irene im weißen Netzfummel mit blondierter Kaltwelle, Neonnägeln und Croqs Flaschenbier und Kartoffelsalat serviert, alle Gäste sich vom Kegeln kennen und löchrige Spannbettlaken IKEA-Matratzen vor dem Schlimmsten bewahren. Es gibt aber auch gute. Ich danke Sarah und Marco für die Resilienz ihrer sexuellen Aufgeschlossenheit, welche uns ermöglichte gemeinsam mit ihnen den ein oder anderen besseren und guten Club kennenzulernen und uns von den Traumata der Vergangenheit zu heilen.

Jetzt fragen sich einige vermutlich „Schön und gut, aber was soll ich denn nun da?“. Lasst mich also etwas über die Intentionen der Menschen erzählen, die einen Swingerclub – im Folgenden kurz Club genannt – aufsuchen.

Da sind zunächst die Paare – wie auch die Müllers eins sind. Warum wir ein solches Etablissement aufsuchten, lest ihr HIER. Damit gehören wir sicher der Mehrheit der Besucher an. Sex mit anderen, einer zweiten Frau, einem zweiten Mann, einem zweiten Paar. Was heißt Sex mit Anderen? Im selben Raum? Auf der selben Matte? Mit Körperkontakt? Mit getauschten Partnern ohne Geschlechtsverkehr? Ohne Küssen? Oder alles auf einmal?

Der Möglichkeiten gibt es unzählige. Nicht zu vergessen, die Paare die in einem kleinen oder großen Publikum bei ihrem Akt den besonderen Kick finden. Das Publikum ist vielgestaltig und reicht vom schüchternen Schüttler hinter einem Loch in der Wand, welches sicherlich nicht auf Wunsch des TÜV-Prüfers dort angebracht wurde, bis hin zum selbstbewussten Onanator, der seinen Handjob direkt im Türrahmen erledigt. Die Darbietenden machen die Regeln und wem irgendwas zu weit geht, der möge dies äußern. Per Telekinese wurde noch niemand vom Wichsen abgehalten. 

Schließlich gibt es auch die Paare, die vielleicht gar keinen Sex im Club haben möchten, aber aus den gleichen Beweggründen hingehen, wie sich Menschen Pornos anschauen. Weil es eben gelegentlich ziemlich scharf macht, Anderen beim Vögeln zu zuschauen. Im Club liegt kein Stroh (außer es ist Mottoparty), niemand trägt eine Maske (es sei denn RTL2 kommt zum Dreh) und die Dialoge sind zwar nicht zwingend anspruchsvoller aber zumindest nicht synchronisiert. Echte Menschen. Kein Hexenwerk.

Wir Müllers sind eine Mischung aus der gemäßigten Version aller Varianten. Wir hatten Sex mit einem Paar, das wir im Club kennengelernt hatten, viel lieber lernten wir die Paare allerdings vorher kennen. Wir hatten in einer Clubnacht auch schon ausschließlich Müller-Sex ohne Fremdeinwirkung. Zuschauer, wenn sie nicht zu Groupies werden, können ein netter Kick sein. Und die Tatsache, dass man weder auf schlafende Nachbarn noch Kinder Rücksicht nehmen muss, steigert sowohl Möglichkeiten als auch Libido. Ein Paar im gleichen Modus auf der Nachbarmatratze kann dem Ganzen das Krönchen aufsetzen, auch wenn man die Beiden im besser ausgeleuchteten Barbereich vielleicht nie angesprochen hätte…

Man soll es nicht glauben, aber auch Solo-Personen gehen in Clubs. Singlemänner sicherlich einerseits auch aus den im Pärchenteil oben beschriebenen Gründen. Damit möchte ich den gemeinen Singlemann, der in weiten Teilen der Szene kein sonderlich gutes Ansehen genießt, keineswegs offen diskriminieren oder in eine Schublade stecken. Leider allerdings basieren einige meiner nicht so prickelnden Erinnerungen auf Begegnungen mit solcherlei Exemplaren, die man nur mit klaren Worten in die ewigen Jagdgründe schicken kann. Einer dieser stalkenden Schlüpferpiloten legte sich einmal unaufgefordert so dicht neben mich, dass ich seinen Atem aus Bier, Zigaretten und Zwiebelsteak riechen konnte – „Entweder DU gehst oder wir gehen!“ und zack, war er hinter der nächsten bordeauxroten Pannesamtwand verschwunden. Hausverbot is nix, dachte sich wohl auch Zwiebeljack.

In meinen Alpträumen sehe ich noch heute schemenhaft ein Robben-Mann-Mischwesen, das aus meinem Augenwinkel heraus im Zwielicht auf Sarah zu kriecht, die natürlich nichts mitbekommt weil Herr Müller sie leckt. Gerade noch rechtzeitig konnte Marco (der natürlich auch nichts mitbekommen hatte, weil er hinter mir mit irgendwas beschäftigt war) nach meinem Ganzkörperschaudern den Eindringling vertreiben. Kennt ihr diese Szenen in Trickfilmen, wenn Hund und Katze zusammen in einer Kiste stecken? Ich vermute, so hätte es ausgesehen, wenn nicht meine durch spickende Schulkinder außerordentlich trainierte Aufmerksamkeit den Supergau verhindert hätte.

Was ich damit sagen will: so Dinge passieren eben. Clubs sind Orte, an denen sich Wünsche, Phantasie, Wirklichkeit und Wahrnehmung zu einem undefinierbaren Brei vermischen, der vor Mitternacht nach Massageöl duftetet und danach nach Sperma.  Kommunikation ist alles. So konnten wir Dinge verhindern, die uns nicht gefielen und so hätten auch die Birkenstock-Casanovas ihre Enttäuschungen kurz vor dem Zieleinlauf verhindern können.

Natürlich dürfen wir dennoch die echten Gentlemen nicht vergessen, die adrett gekleidet an der Bar am Getränk nippend auf ein Pärchen warten, das sein sexuelles Glück in einem zweiten Herrn beim Liebesspiel sucht oooder eben auf all the single ladys.
Stop! Frauen? Frauen, die in den Club gehen um Sex mit einem Fremden zu haben gibt es nicht. Hallo? Wie krank ist das denn. Da kann sie ja auch gleich auf den Strich gehen und Geld dafür nehmen, das Flittchen. Macht wahrscheinlich auch sonst für jeden die Beine breit… huch, Entschuldigung. Ich hatte gerade Synapsenbandsalat und das, was ich eigentlich schreiben wollte, überlagerte sich mit dem, was ich kürzlich in einer Kommentarspalte zum Thema Swingen las.

Und schließlich gibt es auch Solo-Frauen im Club. Warum auch nicht, sollten Frauen nicht das gleiche Bedürfnis und die Fähigkeit dazu haben, mit verhältnismäßig Fremden wilden Sex zu haben. Nach Küche, Kindern und neuerdings auch Karriere sollten wir ihnen das ruhig zugestehen. Die Tatsache, warum man ungleich weniger Frauen masturbierend im Türrahmen vorfindet, während Tobias seine Luise gerade von hinten nimmt, DAS kann ich euch allerdings nicht erklären. Darauf dürft ihr euch selbst einen Reim machen.

Um dem auch mengenmäßig ungleichen Verhältnis von Singlemännern – und Frauen entgegenzuwirken, verfolgen die meisten Clubs eine bestimmte Eintrittspreisstrategie. Während Frauen oft mit Dumpingpreisen für ihr huldvolles Erscheinen belohnt werden, zahlen Solomänner oft gut das Drei- bis Fünffache.

Das mag vielleicht vermessen oder überheblich klingen, aber Eintrittspreise können zum Einen ein Indikator für Qualität sein und sichern gleichzeitig einen gewissen Gästestandard. Es beginnt schon beim Essen. Leistet sich der Club extra Küchenpersonal oder macht Multitasking-Manfred selbst das Ragout Fin in der Microwelle warm, nachdem er die Gäste begrüßt und einen Kasten Bier unter die Bar geschoben hat? Ich erspar mir dazu jetzt weitere Ausführungen um mich nicht um Kopf und Kragen zu schreiben. 

Man kann also 20€ bezahlen und sich als Sparfuchs zwischen Netzhemd-Norbert und Beate-Uhse-Sammelbestellerin Rita mit nacktem Arsch auf Plastikstühle in eine Blockhütte setzen, Krautsalat aus der Dose knabbern und Wein aus dem Tetrapack trinken um sich schon mal in Stimmung zu bringen, damit man den Anblick später leichter erträgt, wenn alle zwölf Schützenvereinsmitglieder im Badezuber hocken und sich befummeln, während sie die letzte Gemeinderatssitzung auswerten.

Oder man nimmt etwas mehr Geld in die Hand erkauft sich damit eine geschmackvolle, komfortable Inneneinrichtung, Hygienestandards, gutes Essen, ordentliche Getränke und eine Gesellschaft, mit der man sich auch am Tag umgeben würde. Ausnahmen gibt es natürlich überall und Geld allein wertet beschissene Menschen auch nicht auf. Aber wie ich schon im letzten Swingerclub-Artikel erwähnte: Clubs sind die verkleinerte Version der großen Welt in der Wir leben.

Was sind das so für Leute. Hmm, mal sehen welche Berufe mir bisher so untergekommen – also nicht so untergekommen, HALLOOO! – also, welche Berufe die Menschen hatten, die ich kennenlernen durfte.
Da waren Tierärzte, Immobilienleute, Rentensachbearbeiter, Ergotherapeuten, Arzthelferinnen, Geschäftsführer, Einzelhandelskauffrauen und –männer. Ich lernte mal flüchtig ein Mitsechziger-Ärzte-Ehepaar kennen, bei dem er sie regelmäßig (auf ihren Wunsch natürlich) auf sogenannten Stutenmärkten verschacherte. Googelt doch mal Stutenmarkt im BDSM-Kontext. Oder lasst eurer Phantasie einfach freien Lauf. Ich denke das reicht auch schon. Wie dem auch sei, alles normale Menschen eigentlich.

Normale Kartoffeln eigentlich. Nicht wie alle Kartoffeln. Trotzdem Kartoffeln.
Und warum geht nun die Quattroehe hin und wieder in den Club? Zunächst muss ich gestehen, waren wir sehr lange nicht. Das liegt zum einen an dem oben erwähnten Robbenmann und Sarahs Flashbacks in dem Zusammenhang. Der Club, in dem sich diese Episode ereignete, gehört für uns aber auch nicht zu den Empfehlenswerten. Zum anderen hat es sich einfach lange nicht ergeben.
Einen ganzen Abend lang Sex als solches zu zelebrieren, sich dafür etwas nuttig-nettes anzuziehen und eben mal keine Rücksicht auf Anlieger zu nehmen, das hat schon was. Und schließlich kommen die privaten Räumlichkeiten gelegentlich an ihre Grenzen, wenn es darum geht vier ineinander verschlungenen ausgewachsenen Körpern Platz zu bieten. Also in meine Badewanne passen höchstens zwei Erwachsene.

Sind wir jetzt schlauer? Haben wir den Menschen, die ihre Autos im Hinterhof der Häuser mit den zugehängten Fenstern parken, ein Gesicht geben können? Ich habe mich zumindest darum bemüht. Dennoch glaube ich, sind nach wie vor viele Fragen offen.

Wie finde ich denn nun einen guten Club? Holt man sich da nicht Syphilis, Fußpilz, Herpes und die Pest, wenn sich überall nackte Menschen wälzen und Körperflüssigkeiten in Bächen fließen? Und vor allem: Wie genau funktioniert Swingen eigentlich? Alle Antworten auf diese und andere Fragen von nicht minderer Brisanz, gibt es nächste Woche im letzten Monatsthemenartikel "Ich war da mal im Swingerclub und dann...: Lieschen Müller fragt - SwingerFAQ" - erscheint am 24.Januar.

Auf der Gästeliste zur
nächsten Swingerparty
stehst du zwar nicht aber
immerhin verpasst du nichts
mehr wenn du rüber schaust
und auf "GEFÄLLT MIR" klickst. 






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