Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Mittwoch, 26. Oktober 2016

Der „Beste Freundin-Check“ und die Angst der Gesellschaft vor dem Penis - Teil 2


Ab Freitag Mittag blinkt mein körpereigenes Akku-Lämpchen wild rot. Ich denke dem geneigten Leser geht es gelegentlich auch so und er dankt mir dafür, dass der heutige Post weniger tiefgründig (vielleicht ja doch), dafür mehr unterhaltsam ist. Schaltet die Gehirne auf Stand-By. Ich mach's wie RTL PUNKT 12 und buhle mit leichter Kost um Quoten. Niemand soll überfordert sein. Alle müssen mit. Tierbabys gibts vielleicht nächstes Mal. Zur Belohnung für's Dran-Bleiben...


Über die grenzüberschreitende Freundschaft mit Sarah haben ich eine weitere Gemeinsamkeit entdeckt: unsere Vorliebe für Penisse (das musste ja so kommen). 

Wenn wir jenseits von Junggesellinnen- Abschied und der „Girls-Only“-Dildo-Party unsere stets griffbereit in der Handtasche aufbewahrten Penis-Strohhalme in der Fußgängerzone oder am Sonntag Nachmittag am Dresdner Terrassenufer in unsere Prosecco-Dosen stecken, den Plastikbecher zur Piccolo auf dem Stadtfest ablehnen oder jedem Barkeeper beim Servieren die Teile mit den Worten „Strohhalm kannst du behalten, wir haben schon welche!“ entgegenstrecken dann betrachten wir uns als Penis-Botschafterinnen. (Samstag vormittag, vor einem Kinderkarussell im katholischen Rand-München haben wir die Teile das Einzige mal zurück in die Handtaschen verbannt.) 

Es fing mit der banalen Erkenntnis an, dass es sich aus nichts angenehmer trinken lässt als aus einem Schwanz. Die scharfkantigen schwanzlosen Trinkhalme sind einfach unangenehm an zarten Lady-Lippen. Die Plastik-Schwänze sind zudem abwaschbar, spülmaschinenfest und wiederverwendbar – also ökologisch völlig unbedenklich, ja sogar wertvoll. 

Mit dem Aufsehen das man in der Öffentlichkeit erregt wenn man ohne Begleitung einer entstellten Braut in Spe aus einem penisförmigen Strohhalm trinkt, kam uns eine weitere Erkenntnis. Der Penis führt ein Schattendasein in unserer Gesellschaft. Außerdem ist der Penis ein wahrer Eisbrecher in kommunikationsarmen Situationen. Frauen sprechen uns an:Die sind ja geil – wo gibt’s die?“ (seitdem haben wir immer eine begrenzte Anzahl Ersatzpenisse dabei. Wir können die schwanzlosen Geschlechtsgenossinnen nicht leiden sehen und schließlich muss die Mission der Penis-Befreiung ja verbreitet werden). 

Ich denke die Aufmerksamkeit die man bzw. Frau bei Männern auslöst muss ich hier nicht weiter beschreiben. "Jaaaa" , jetzt denke jetzt wieder einige, „Aaaah, das ist ja sooo billig“. Denkt das ruhig und klickt weiter. Ihr glaubt sicher auch das Jungfräulichkeit schon dadurch verloren geht wenn  man nur das WORT in den MUND nimmt. Deswegen sagt ihr lieber „Männerding“ und werdet sogar dabei noch rot. Mangelhafte Empathie ist sowohl Ursache als auch Folge sexueller Frustration.

Uns geht es nicht darum Aufmerksamkeit beim anderen Geschlecht zu erreichen. Zur Erinnerung, wir sind verheiratet mit zwei prächtigen Männern, die wenn es welche geben würde auch aus Muschi-Trinkhalmen trinken würden UND das auch dürften. Das würde sicher spannend aussehen, abgesehen davon würden wir das zur Abwechslung auch mal  tun aber ES GIBT JA KEINE.

Also Ladys: Holt die Schwänze raus. Wir sprechen uns für noch mehr alltagstaugliche Penisaccessoirs aus.Nur her damit. Bitte nur keine mit lustigen Gesichtern drauf.  Der Phallus ist der Ursprung allen Lebens, warum wird er nur ständig versteckt? 

Wir massieren, lutschen und reiten sie, wir reiben uns daran, haben unglaublich viel Freude damit. Warum tabuisieren wir sie so? Ich meine, unsere Autos bereiten uns auch viel Freude aber die lassen wir ja auch nicht nur in der Garage. Oder ein hübscher gepflegter Vorgarten. Von manchen ist das der ganze Stolz, keiner käme auf die Idee einen blickdichten Zaun davor zu bauen nur damit keiner rein kucken darf und nur er alleine Freude an seinem Vorgarten hat. Manche Menschen bleiben kurz bewundernd stehen, andere gehen desinteressiert daran vorbei. Da geht das doch auch.

Männer diskutieren die  Ästhetik von verschiedenen Busen-Formen mehr oder weniger öffentlich. Warum sollte die Ästhetik bestimmter Penis-Arten nicht mal thematisiert werden? Beschnitten oder nicht? Lieber lang und dünn? Kürzer, dafür lieber dicker? Glatt oder geädert? Ich persönlich finde eine ausgeprägte Eichel wunderschön. Wie ein kleiner Helm für einen starken Krieger. Und der Hoden? Was ist damit? Straff und prall, Ladys – wie hätten wir ihn gern? Diskutiert das doch bitte mal. 

Ich hab neulich eine Sendung über den Penis gesehen. Die lief auf einem Dritten Sender. Alleine DAS sagt doch schon viel über die gesellschaftliche Randstellung dieses so wichtigen Organs. Andererseits: welcher Sender hätte denn der wahren Bedeutung des Schwanzes wirklich Rechnung getragen? Die Privaten wohl auch nicht. Vielleicht ARD und ZDF mit einem Sendeplatz direkt nach der Tagesschau? 

In dieser Sendung wurde unter anderem eine Zeitschrift vorgestellt in der Fotostrecken vom Mann-von-Nebenan INKLUSIVE Penis zusehen sind. Ich hab leider den Namen vergessen. Vielleicht kennt die ja jemand und hilft mir auf die Sprünge? Oder die Zeitschrift selbst meldet sich? Ich bin einer Kooperation nicht abgeneigt! Gemeinsam stark für den Penis!  
Der Penis. Die Penisse. Oder laut Duden: die Penes.
  

Mittwoch, 19. Oktober 2016

Der „Beste Freundin-Check“ und die Angst der Gesellschaft vor dem Penis - Teil 1


Der Mensch ist ein Wesen mit hochentwickeltem Sozialverhalten. Wir gehen emotionale Verbindungen zu Menschen ein und ganz wichtig wir vögeln nicht nur um uns fortzupflanzen sondern einfach weil‘s Spaß macht  - das Hauptunterscheidungsmerkmal von den meisten anderen Lebensformen bei denen Weibchen und Männchen einander brauchen um sich zu vermehren. 

Wir gehen Beziehungen ein, suchen eine Person die uns bis ans Lebensende begleitet und balzen eben nicht jedes Frühjahr aufs Neue (zumindest die meisten von uns) um jemand zu finden für den es sich lohnt ein Nest zu bauen und sich zu Gunsten des Fortbestandes der eigenen Rasse die Figur zu versauen. 

Wobei, hätten wir nicht ein Problem weniger wenn wir Eier legen könnten wie Vögel? Also ich würde lieber ein paar Wochen im Nest hocken und brüten statt zuzuschauen wie der Guaould in meinem Inneren dafür sorgt dass Bauch und Möpse nach neun Monaten aussehen wie Luftballons am Tag nach dem Kindergeburtstag. 

Ihr Nobelpreisträger da draußen, wenn ihr ein Mittel gegen Aids und die Wollnys gefunden habt wäre es mal Zeit die Pille für den Mann auf Eis zu legen und an dieser Eier-Leg-Sache für den Mensch zu forschen. Schließlich heißt es ja auch vögeln und nicht säugetieren…

Beziehungen und Freundschaften machen uns zu hochentwickelten Lebewesen. Manche von uns haben viele Freunde, andere wenige, manche nur einen und wenige keinen.
Für mich selbst ist es bei Freunden wie mit Schuhen. Qualität geht vor Quantität und die Schrägsten sind die Besten. Das war nicht immer so – bei Freunden und Schuhen. Aber man wird eben älter und weiser. Und verdient mehr Geld. 

Was macht eine besondere „beste“ Freundschaft aus? Man kennt sich schon ewig? Nicht zwingend finde ich, man verändert sich im Leben, wächst, entwickelt sich weiter, wird zu einer Persönlichkeit, ich denke diese Entwicklung muss nicht zwangsläufig irgendwann enden.  Alles um uns herum befindet sich in einer ständigen Entwicklung, warum sollten wir das dann nicht auch tun? Ein ständiges Erweitern des eigenen Horizontes. Will das eigentlich nicht jeder halbwegs intelligente Mensch? Immer mal wieder über den Tellerrand schauen, statt einen Erfahrungshorizont der durch die höchste Programmnummer im TV begrenzt wird sein Eigen nennen?

Jetzt gibt es entweder Freundschaften die solche Entwicklungen überdauern, weil sie die Toleranz und Selbstsicherheit besitzen und dem Anderen die Freiheit schenken sich zu verändern. Es gibt auch Freundschaften die zerbrechen daran, weil die Richtungen in die sich alle entwickeln zu unterschiedlich sind. Und es gibt eben Freundschaften, die entstehen gerade weil man sich entwickelt und geben einem wichtig Entwicklungsimpulse um vielleicht zu dem Menschen zu werden der man wirklich ist. 

Meine besondere und beste Freundin Sarah liebt dicke Katzen und hasst rothaarige Kinder, sie verzichtet für ein gutes Steak gerne auf Salat, schämt sich niemals von ihrem Tittenbonus Gebrauch zu machen, ist äußerst trinkfest, kann fluchen wie ein Bauarbeiter und mag James-Bond- und Tarantino-Filme. 

Ich steh auf Sammeltassen, war früher mal Vegetarier und habe Harry Potter verschlungen, aber Katzen egal ob dicke oder dünne mag ich genau wie sie und Kinder (egal ob rothaarig oder nicht) kann ich ebenfalls nicht besonders leiden. Wir waren die ersten die Einhörner liebten und werden die letzten sein. Sie wird bei Daniel Graig und ich bei Jason Statham schwach, für Gerhard Butler würden wir vermutlich beide töten. Ich animiere sie zum Tragen von Absatzschuhen, sie lernt mir das Rülpsen in der Öffentlichkeit. 

Wir stehen beide auf große Männer mit schönen Bärten, lieben es sonntags nach einer durchvögelten Nacht ungekämmt im Bademantel bei VOX-Wiederholungen unseren Alkoholrausch auszukurieren, können beide unsere Bäuche so rausstrecken dass wir realistisch wie mindestens im 7.Monat Schwangere aussehen und uns dabei totlachen über die angewiderten Gesichter unserer Männer. 

Wir gruseln uns oft wenn die eine sagt was die andere denkt: ein unerwartetes Bild von einem äußerst gut gebauten Penis vor unserer Nase. Ich denke „Uuuuh, da würde ich mich auch gerne mal drauf setzen!“ Sie spricht genau das den Bruchteil einer Sekunde später aus. 

Ohne uns abzusprechen bestellen wir spontan beide unabhängig voneinander Schnitzel mit Pommes und Cola Light und essen selbstverständlich auch alles auf. Randnotiz: der Trick sein Gewicht mit Anfang Dreißig trotz „Teller leer essen“ im Norm bereich zu halten besteht darin, regelmäßig Mahlzeiten durch Alkohol zu ersetzen und überschüssige Kalorien durch Sex und gelegentlich Sport zu verbrennen. 

Ich hasse Frauen die sich immer Dreiviertel einer Portion einpacken lassen, nachdem der Kellner entsetzt fragt ob es nicht geschmeckt hat nur damit man selbst das Gefühl hat fett und gefräßig zu sein wenn man seinen Teller leer isst. Fresskoma ist etwas ebenso wunderbar  wie abartig! Ich habe bei so dünnen Frauen immer irgendwie das Gefühl mit Essen nach ihnen werfen zu müssen, ähnlich wie wenn man Spatzen oder Enten mit Brotkrumen füttert.
Finde den Fehler
Freundschaft ist eine Symbiose. Es geht um ein gesundes Gleichgewicht aus Gemeinsamkeiten und Gegensätzen und um die Fähigkeit miteinander teilen zu können. Hier unterscheidet sich unsere besondere Freundschaft wahrscheinlich (schreibt mir wenn das bei euch auch so ist) von den üblichen besten Freundschaften. 

Wir teilen alles, sogar unsere Männer. Auf diese besondere Freundin ist man nicht eifersüchtig (wohl aber auf all die anderen Huren die dem eigenen Mann schöne Möpse machen!). Diese Freundin ist sogar gemeinsam oder notfalls stellvertretend eifersüchtig wenn man selbst gerade blind oder verhindert ist und Feindinnen den Versuch starten, im eigenen Terrain zu wildern. 

Anfangs hatte ich Sorge, die liebe Sarah würde mich irgendwann mal rücklings anspringen wie eine Hyäne, mir die Zähne in die Halsschlagader rammen und mit den Fingernägeln das Gesicht zerkratzen während ich unanständigerweise  auf ihrem Mann sitze oder liege. Genau diese Bilder sehe ich in ihren glühenden Augen wenn fremde Frauen ihren Mann auch nur anschauen. 

Mit der Zeit habe ich verstanden: es ist zum einen die besondere Verbundenheit unter „really best fuckin‘ bitches“ und zum anderen natürlich die Fairness dieses Tauschs da ja auch sie unbehelligt obszön sein darf mit meinem schönen Mann ohne das es einen Bitchfight ohne Gewinnerin gibt. 

Ich hab etwas einzigartiges, schönes und wertvolles, das möchte ich mit dir und nur dir teilen, es nicht allein für mich behalten. Dir gegenüber habe ich keinen Egoismus und Glück multipliziert sich wenn man es teilt. Ist das nicht ein schwülstiger Gedanke? Aber die Schwulst unterscheidet das „beste“ vom „besonderen“.  Besondere Freundinnen genügen sich aber auch mal selbst, ganz ohne Mann.

Mittwoch, 12. Oktober 2016

Gargamel und die Sache mit dem Gold: Wer ist diese Frau Müller eigentlich

Dieser Artikel ist so etwas wie der letzte ungedrehte Teil der StarWars-Filme 
(Ich seh' die Fans vor meinem inneren Auge mit der flachen Hand gegen ihre Stirn schlagen - keine Ahnung ob das jetzt passt aber spielt das Ganze nicht irgendwie rückwärts? Ich hörte davon. Also der neue Film zeigt jeweils, was vor dem letzten passierte? Warum? Wieso macht man sowas? Ist das wie beim Einkaufen, wenn man erstmal alles was lecker aussieht in den Wagen packt und dann zu Hause keine Ahnung hat was man aus Wirsing, Vanilleeis und Halloumikäse kochen soll? Und dann kommt doch irgendwas meeega-kreatives total experimentelles aber absolut innovatives raus?) 
Worauf ich hinaus wollte: der heute aufgewärmte Artikel ist quasi der Nullte. Er enthält alle notwendigen Informationen, die man bei seriösen Bloggern unter dem Button "Über mich" zu finden erhofft...
 

Mit Anfang 30, einem Herrn Müller, dem großen und dem kleinen Müller, einem Häuschen im Dorf, meinem Kleinstadt-Lehrerjob und Gallensteinen bin ich niemand besonderes.  Zumindest statistisch gesehen. Warum mache ich das Ganze hier und erwarte ernsthaft, dass Leute sich für das, was meinem vom Standard-Alltags-Wahnsinn  gebeutelten Hirn entspringt, interessieren und es im besten Falle sogar noch irgendwie unterhaltsam finden?


Wer sich sowohl über die antiquierte Unterrichtsmethode als auch das futuristische Outfit der Pädagogin im Bild wundert, der möge HIER klicken.

Man muss heutzutage auf einen Therapieplatz beim Psychologen sehr lange warten. Ich spreche da aus Erfahrung. Das Erstellen eines Blogs dauert dagegen nur wenige Minuten. Bei mir etwa 20, davon entfallen 10 Minuten auf Einfügen, Platzieren und Auswählen von Inhalten und 10 Minuten auf vorheriges Schimpfen auf unübersichtliche Schaltflächen mit unverständlichen Anglizismen inklusive ausgiebiger Selbstbemitleidung.

Die Medien sind voll von Katzenmüttern die Hundebabys adoptieren, Menschen die Bäume heiraten und schrecklich unerwarteten Skandal-Scheidungen von vielversprechenden Promi-Paaren samt tragisch-multikultureller Großfamilie. Ich behaupte vor diesem Hintergrund mein Leben hat keinen geringeren Unterhaltungswert. 

Auch wenn ich die meisten meiner Nachbarn nicht leiden kann (ich wäre nicht überrascht wenn das irgendwie auf Gegenseitigkeit beruht), interessiere ich mich für ihr Leben. Ich beobachte und führe gedanklich Indizienprozesse bei ungewohntem Verhalten hinter dem Gartenzaun. 

Wir interessieren uns für das Leben um uns herum, deswegen haben wahrscheinlich Realitiy-Dokus ähnlich hohe Einschaltquoten wie TerraX. Die Tür nebenan ist wie das Universum jenseits der Milchstraße, unerforscht, geheimnisvoll und rätselhaft. Was da passiert ist so abseitig-alltäglich, dass es unser eigenes Leben sein könnte: zwischen Chefbüro, Elternabend und Swingerclub.

Nun gehören Lehrer zu einer Berufsgruppe, die in den letzten Jahrzehnten wahrscheinlich wie keine andere an Ansehen verloren hat. Meine Mission ist es nicht das Image aufzubessern. Ich mag meinen Job selbst oft nicht, eine  Betrachtungsweise aus meinem Blickwinkel ist einer „Pro-Image-Kampagne“ wahrscheinlich nicht gerade zuträglich. 

Ich werde gelegentlich Erlebnisse aus meinem Job – oder wie ich gerne sage: dem „Planet der Affen“, „Mordor“ oder "Absurdistan" - zum Blog-Inhalt machen, wegen der Mülleimer-Funktion. Das Ganze wird aber weder pädagogisch noch irgendwie hochwertig bildungspolitisch.

Um die Hintergründe später zu verstehen: Ich bin kein richtiger Lehrer. Ein Vater sagte einmal im Elterngespräch: „Wenn meine Tochter einmal groß ist wird sie Lehrer. Kein Richtiger! So einer wie sie!“
Korrekt heißt es Förderschullehrer. Meine besondere Freundin Sarah sagt „Kloppi-Lehrerin“, ich selbst vergleiche meine Arbeit gerne mit der Rolle Gargarmels bei den Schlümpfen. Der versuchte auch unermüdlich aus den kleinen blauen Kerlen Gold zu machen. Geschafft hat er es nie. 

Ich habe mal flüchtig jemanden kennengelernt der mir erzählte, er habe während seines Medizinstudiums festgestellt, dass er kein Blut sehen kann. Für mich war das eine Schlüssel-Begegnung. In dem Moment habe ich erkannt, dass ich Kinder eigentlich nicht leiden kann. 

Für meine Berufswahl kam die Erkenntnis zu spät. Jetzt bin ich an einem Punkt angelangt, an dem ich feststellen muss, dass meine einzige ernstzunehmende Kompetenz bei der Berufsorientierung die Fähigkeit ist blödes Zeug zu erzählen. Also bleibt mir nur der Lehrerberuf. Und Blogger. 

Ich kann zwar ein ehrliches Examen vorweisen, im beruflichen Alltag fühle ich mich jedoch oft wie der Gerd Postel der Dienstberatung und agiere nach dem Motto „Überzeugen bei völliger Ahnungslosigkeit“. 

Zusammengefasst: ich hätte damals auf den Rat meines Vaters hören sollen, der meine Entscheidung zur Berufswahl wie folgt kommentierte: „Warum willst du denn Lehrer werden? Lern doch erstmal was richtiges, Lehrer kannst du später immer noch werden.“

Jeder von uns kennt folgende Szene möglicherweise aus Filmen. Ein stark übergewichtiger Mann in den Sechzigern erleidet auf einem Transatlantikflug eine Herzattacke. Die Stewardess ruft dramatisch in die Sitzreihen: „Ein Arzt? Ist hier ein Arzt an Bord?“. Ein attraktiver Mitdreißiger springt auf und rettet ganz unerwartet per Notoperation das Leben. Die Fluggäste applaudieren für den Helden. 

Ich träume die Szene anders: auf dem Billigflug nach Palma dutzt der neunjährige Kevin die Stewardess, besteht auf die Trovatos im Bordfernsehen, protestiert 45 Minuten lautstark weil es kein Bordfernsehen gibt und spült seine Schuhe aus Protest die Bordtoilette runter. Die Eltern zocken unterdessen illegalerweise Candycrush auf dem Smartphone. Die Stewardess ruft: „Ein Lehrer. Ist hier ein Lehrer an Board?“ Ich mache mich ganz klein in meinem Sitz, halte meinen ausgestreckten Zeigefinger vertikal vor meine gespitzten Lippen und schaue meine Kinder drohend mit aufgerissenen Augen an. Dann wache ich schweißgebadet auf.

Meine mangelnde innere und äußere Identifikation mit meinem Beruf provoziert bei neuen Bekanntschaften verschiedenste Reaktionen auf die Offenbarung, womit ich mein Geld verdiene. Sie reichen von lautem Lachen über „Echt jetzt? Du verarschst mich doch!“ bis hin zu betroffenem Schweigen und dem „Sicher-nicht-einfach-also-ich-könnte-das-nicht“-Standard-Spruch.

Also kein Lehrer-Blog, um Himmelswillen - das tue ich keinem Leser an! Ich kann Lehrer selbst nicht leiden. Ein ICH-Blog. So etwas wie der Boden meiner Lebenshandtasche. Frauen, wissen was ich meine.

Weil ich nun mal Lehrer geworden bin -jetzt ist es zu spät, der Aufwand ist zu groß um nochmal von vorn anzufangen- werden die Blinkies oder Herbstaffen, wie ich die mir anvertrauten Schülerpersönlichkeiten intern gerne nenne,  hier gelegentlich eine Rolle spielen. 



Da fällt mir auf: hatte ich euch eigentlich erzählt, WIE es zur Bezeichnung Herbstaffen kam? Vielleicht in einem dieser vielen kleinen Facebookposts, sozusagen dem täglichen Absurdistan-Stroboskop bei Social Media? Für alle die es verpasst haben, hier die Wiederholung. Ich muss allerdings zu meiner Schande gestehen, dass ich nicht mehr weiß, welchen Decknamen ich der betreffenden Schülerin damals gab. Es war sicher eine Chantal. Es KANN nur eine Chantal gewesen sein.

Wir sammeln also im Deutschunterricht der fünften Klasse Herbstwörter an der Tafel. Um den in ihrem Wortschatz stark eingeschränkten Schülern ein Vorankommen zu erleichtern, gebe ich Hilfen:

Frau Müller: "Welches Tier ist denn typisch für den Herbst?"
Chantal: "Affe!"
Frau Müller: "Na, überleg nochmal." (Ich bin meistens ein geduldiger Mensch)
Irgendjemand kommt schließlich auf Igel und wir gehen zu den Adjektiven über.
Frau Müller: "Welche Farben sind den typisch für den Herbst?"
Chantal: "Blau!"
Chantal bemerkt meinen resignierten Gesichtsausdruck und möchte mir eine Freude machen: 
"Ach nee, nee, nee! LILA!"

Wenn ich nun aber, nachdem ich täglich gut acht Stunden Lehrer bin, auch noch meine Freizeit damit verbringe, ausschließlich darüber zu schreiben, wie mein Leben als Lehrer ist, dann wäre das schon wieder ziemlich typisch Lehrer. Also verzeiht mir bitte, wenn ich gelegentlich bis öfters mal, auch um ein möglichst breites sozio-voyeuristisches Spektrum abzudecken, meine Gedanken und Ansichten jenseits der Anstalt in Schachtelsätze verpacke. Wo wenn nicht hier werde ich die netten Erlebnisse von sektenähnlichen Vertriebsfeiern, Schwulenpartys oder einer Bordellbetriebsführung los? Zur Kaffeepause im Lehrerzimmer sind Rentner mit Diarrhoe und meine Vierecksbeziehung thematisch nur bedingt geeignet...  
Aus Schlümpfen wird nie Gold und aus einer Katze kein Einhorn

So und wer es bis jetzt noch nicht getan hat, 
und der Müllerin ein Like samt Abo da lassen.
Dann könnt ihr mich nächstes Mal vielleicht
dran erinnern, 
welche Decknamen ich den einzelnen
Schülerindividuen verpasst habe.