Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Mittwoch, 11. Januar 2017

Routenplaner in die Sex-Prärie – Friends with Benefits Teil 2


Ich habe letzte Woche über eine gesunde Dosis Junk-Sex (Was ist das eigentlich?) und seine positive Auswirkung aufs Beziehungsleben geschrieben (Hier klicken). Interessierte dürsten jetzt möglicherweise nach einer Bauanleitung für einen gesunden Beziehungs-„Ernährungs“-Bauplan oder einfach nur nach schlüpfrigen Details.

Da unser Sexualleben etwas Lebendiges ist und es daher wächst und sich weiter entwickelt, beschlossen wir vor geraumer Zeit unsere vorher jahrelang ins Ohr gestöhnten Phantasien in die Tat umzusetzen. Frau Müller stand der Sinn nach einer Frau. Im  Nachgang muss ich sagen: Frevel wer es noch nicht mal ausprobiert. Ladys, ihr verpasst was.

Gentleman wie Herr Müller eben ist, hätte und hat er mich auch allein Erfahrungen sammeln lassen. Tiefer unten in unseren stillen aber schmutzigen Phantasiegewässern dümpelten allerdings auch diverse Mann-Frau-Frau-Konstellationen umher. Bei genauerem Überlegen dachte ich mir innerhalb meines „Anfängerhorizontes  der Sexualprärie“, dass wohl eine Single-Frau in unserem Bett immer eine latente Gefahr im Leopardinnen-Gehege darstellt. Vielleicht doch lieber gleich ein Pärchen mit den gleichen Wünschen und Vorstellungen?

Dazu kommt dass Frauen, die das verpflichtungsfreie Abenteuer mit Paaren suchen echte Mangelware sind. Frauen die für Selbiges nur Frauen suchen werden auf Dauer anstrengend wenn man in einer festen Beziehung lebt.

Woher ich das weiß? Nun, wie es für Selbstmordwillige, Heimwerker, Essgestörte und Veganer diverse Foren im Internet gibt, existiert so etwas natürlich auch für die Cowboys und Girls des Geschlechtsverkehrs.

Man erstellt sich ein sogenanntes Paarprofil, zeigt sich von seiner allerbesten Schokoladenseite und legt dabei den Fokus eindeutig NICHT aufs Gesicht. Dazu ein paar Zeilen wie dreckig man es haben will aber was für ein gepflegter bodenständiger und intelligenter Mensch man dennoch ist, garniert mit einem Vorlieben-Voting von A wie Analsex über N wie Natursekt bis hin zu Z wie Zuschauen (lassen). Zu guter Letzt noch die technischen Daten bei denen Alter, Gewicht und Größe dem allgemein-ästhetischen Normbereich entsprechen sollten und schon rappelts im virtuellen Postkasten.

Leider gab es für Frischlinge wie uns keinen Anfänger-Leitfaden und so wird man leichte Beute für die ausgehungerten Wölfe des Kampfswinger-Rudels die nur auf die orientierungslosen Neulinge warten. Es folgt ein nettes Anschreiben mit kleinen Anzüglichkeiten, Komplimenten und der Bitte um ein „zwangloses Treffen auf neutralem Boden“. 

Im Hipster-Café der nächsten Stadt trifft man sich am Sonntagnachmittag um die Wellenlängen abzugleichen mit einem Pärchen, das im ersten Augenblick einen ähnlichen sexuellen Werdegang zu haben scheint wie man selbst, bei genaueren Hinschauen aber ganz einfach schon verdammt abgewirtschaftet ist.

Bei diesem Vorstellungsgespräch geben sich die Jäger allergrößte Mühe den Gejagten das zu erzählen, was sie in ihrer situationsbedingten Mischung aus Neugier, Unsicherheit und Wollust hören wollen. Alles hört sich so einfach an und FLUTSCH findet man sich ein paar Tage später mit den beiden Aasgeiern im Swingerclub wieder.
Tatsächlich habe ich im Swingerclub NIE eine Maske getragen (aber die Klischees wollen schließlich auch zu ihrem Recht kommen). Masken braucht man nur zu speziellen Veranstaltungen... oder wenn RTL2 dreht ;-)
Die Alarmglocken hätten schrillen sollen als unsere Begleiter die Barkeeperin dutzten und alle anderen per Handschlag locker „abkumpelten“. Der erste Versuch wurde LEIDER ERST IM NACHHINEIN als gescheitert betrachtet, weil die Erwartungen aller Beteiligten wohl doch nicht so traumhaft zu einander passten wie uns beim zwanglosen Erstbeschnuppern von den Wölfen suggeriert wurde. 

Ein zweiter Versuch wurde gestartet – mögliche Störfaktoren ausgeschaltet (die Atmosphäre sollte privater sein) – das Ergebnis war das Gleiche. Wir betrieben Fehleranalyse bei uns: Sollten wir es vielleicht doch laaaangsamer angehen? Sind wir nicht so „abgebrüht“ wie wir dachten und fällt es uns doch schwerer unseren geliebten Partner sehenden Auges und hörenden Ohres mit einer fremden Person zu teilen? Zu Gunsten unseres eigenen Spaßes????? 

Fragen über Fragen und eine  naive Frage von uns: „Habt ihr vielleicht Lust mal mit uns Essen zu gehen?“ Die Antwort darauf kam prompt: „Dafür fehlt uns die Zeit wenn’s danach keinen Sex gibt!“     Aaaaah, okay. Dem Frischling steht der Mund offen. Das war’s dann wohl mit Wellenlänge und so. Als hochentwickelte Individuen lernen wir aus unseren Fehlern und wussten nun was wir NICHT wollten:
… Junksex als die einzig sinnvolle Freizeitbeschäftigung
… Reduktion auf unsere primären Geschlechtsmerkmale
… als Fickkontakt  wie ein Pokemon Teil einer großen Sammlung sein
… oder als Kerben am Bettpfosten die Trophäensammlung ergänzen
… "Freundschaftspunkte" durch Fickbarkeit sammeln
… menschliches Antidepressivum und Mittel zur Selbstbestätigung sein

Nächster Versuch. Diesmal wollten wir die ersten im Swingerclub sein. Am Rande: Swingerclubs sind gar nicht so schlecht wie ihr Ruf. Zumindest einige. Es kommt natürlich immer darauf an mit welchen Erwartungen man hingeht.

Aus der nächsten Bekanntschaft wurde sogar eine Freundschaft über die berühmte Bettkante hinaus bis wir drei Dinge erkannten

Erstens unseren wahren Marktwert: als Rosinen im Kuchen sollten wir nach den anderen Rosinen suchen. Staubtrockenes Mehl gibt’s im Kuchen ja genug.

Zweitens: wenn die Intentionen des Junksex bei beiden Paaren auseinander gehen gibt es langfristig kein Happy-End. Für uns war UND ist es eine Erweiterung unserer sexuellen Möglichkeiten. Zu viert kann man Sachen machen, die zu zweit einfach nicht gehen.

Genauso ist es mit Frauen. Die können einfach Sachen, die Männer nicht können. Für dieses Paar waren wir die Orchidee in der eigenen (Gänse)blümchensex(wiese). Wenn der Sex vor dem Vierer/Partnertausch scheiße war, wird er danach auch nicht besser. Im Gegenteil. Noch mehr Unzufriedenheit ist das Ergebnis.

Und darauf folgt unweigerlich die dritte Feststellung: wenn der Erfolg einer gemeinsamen Unternehmung davon abhängt ob man sich mit zerwühlten Haaren und verschmierten Make-up voneinander verabschiedet wobei der Worst Case der Sex mit dem EIGENEN Ehepartner ist, dann ist das auch nicht so unser Ding.

Wie das Sprichwort sagt sind alle guten Dinge bekanntlich drei und unsere No-Goes bekamen bei unserer dritten Bekanntschaft endlich die Chance sich im positiven Sinne zu manifestieren. Es keimte in uns die Erkenntnis, dass wir wohl keine Swinger sind, wenn man Swinger als Personen definiert, die gerne im Einvernehmen unverbindlichen und sehr anonymen Sex haben, häufig innerhalb Partnerschaften.

Das sogenannte Freundschaftsplus gibt uns mehr, sind wir doch die versauten und dennoch intelligenten Menschen, die auch mal den Kick genießen eben heute mal keinen Sex mit dem Pärchen neben sich zu haben und dennoch zu wissen dass man könnte wenn man wollte weil die Wellenlänge wirklich stimmt.

Ist es nicht viel entspannter zu wissen, dass man einen echt geilen Vierer mit wirklich kompatiblen Menschen haben kann, quasi wann man möchte, als jedes Wochenende aufs Neue in den Swingerclub zu rennen um sich nach dem Motto „Lieber widerlich als wieder nich“ das ansehnlichste Stück aus der (Gammel)-Fleischtheke anzulachen?

Nächste Woche Mittwoch, dem 18.1., gibt’s unsere Kennenlerngeschichte mit Sarah und Marco, unserem Tor 3 im „GEH AUFS GANZE für sexuell Aufgeschlossene“. Über den Zonk in Tor 1 und die Reise ins beschauliche DeathValley hinter Tor 2 habt ihr heute gelesen. Wie gut dass wir gezockt haben und uns nicht mit Tor 2 zufrieden gaben….

Bis dahin alltäglich (Un)alltägliches aus meinem Alltag hier auf Facebook.

10 Kommentare:

  1. Habt ihr schon mal in Erwägung gezoden, dass es sich bei eurem Swingen evt. einfach um die sog. Polyamorie handelt? Gruß

    AntwortenLöschen
  2. Hm, jein. Ich sag mal so: ich muss der Sache nicht unbedingt einen Namen geben, hab mich aber auch noch nie tiefer mit Polyamorie beschäftigt. Bei uns ist es so: das Paar bleibt beziehungstechnisch Paar und wenn dann sind wir zu viert unterwegs (wenn auch beim sex manchmal räumlich getrennt) - es käme aber nie in Frage dass zwei Leute Sex haben während die anderen beiden völlig abwesend sind (quasi heimlich) - außer das tatsächliche Paar natürlich ;-) Ich habe auch keine Liebesgefühle für die einzelne Person (außer Herrn Müller) - vielmehr geht es mir um das Paar, die Kombi aus beiden Menschen, würde nur einer von den vieren fehlen würde es nicht mehr funktionieren. Kurz: Herr Müller steht als Einzelperson ganz vorn. Sarah und Marco als Paar danach, bzw. uns beiden gegenüber. Ich weiß - ist kompliziert zu erklären .... Ich weiß nicht ob das dennoch eine Form von Polyamorie ist ...

    AntwortenLöschen
  3. Ich bin erst vor kurzem auf diesem Blog gelandet und ich bin begeistert.

    FreundschaftPlus praktizieren wir ebenso und ich musste gerade so schmunzeln, denn deine Worte in diesem Text spiegeln ebenfalls unser erlebtes wieder.
    Dennoch haben auch wir ein Paar gefunden mit denen Mann spaß haben kann, ebenfalls über die Bettkante hinaus.
    Selten wie ein 6er im Lotto, aber es klappt.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Erstmal vielen Dank für deinen Kommentar. Freut mich besonders wenn sich auch mal jemand äußert der das ähnlich lebt wie wir.
      Wie gesagt, wir hatten auch Kontakt mit anderen Paaren. Haben aber schnell gemerkt, dass es für uns rund um perfekt sein muss von der Passung her dass wir uns beide absolut wohl damit fühlen. Und das wiederum empfinden wir als diesen 6er im Lotto.
      LG
      Frau Müller

      Löschen
  4. Genau so ist es. Den Kontakt mit anderen Paaren haben wir eingestellt, denn mit unserem 6er im Lotto sind wir sehr glücklich.
    Leider wohnen wir etwas weiter auseinander aber die Freude auf unsere Wochenenden ist dann immer sehr groß. Im unseren Wochenenden geht es nicht ausschließlich um Sex sondern halt Freundschaft +.

    Ich freue mich sehr über diesen Blog.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Noch jemand der weiß, dass man auc "anders" glücklich sein kann. Das freut mich riesig für euch. Ich denke wenn der Sex MIT Freundschaft kombiniert ist gewinnt das Ganze ungemein an Wert und am Ende wirds sogar noch prickelnder...
      Ich wünsch euch was
      LG Frau Müller

      Löschen
  5. Okay, mir ist es persönlich zwar nicht verständlich, aber du hast mich wohl so nahe ans Verstehen gebracht, wie das möglich ist, und darum habe ich dich auserkoren, um mich zu einem Thema aufklären zu lassen, das mir zum Thema Polyamorie seit jeher im Kopf herumschwirrt (und ich weiß, dass du die Polyamorie-Schublade nicht magst, aber du bist jetzt nunmal der beredetste Experte, den ich kenne. An dieser Stelle entschuldige ich mich im Voraus, sollte ich bei der Formulierung meiner Frage sonst noch in irgendwelche Fettnäpfchen treten. Ich bin vermutlich nicht halb so tolerant, wie ich es mir einbilde, sry). Also:
    Bei sämtlichen Diskussionen über Polyamorie stoße ich immer wieder auf dieselbe Aussage, dass man sich nämlich, wenn das Ganze funktionieren soll, ganz viel um seine Gefühle kümmern muss. Du musst dich mit deinen Gefühlen auseinandersetzen und mit den Gefühlen aller anderen, du musst lernen mit deiner Eifersucht umzugehen und den anderen auch dabei helfen und vor allem musst du ganz viel reden, reden, reden. Und da frage ich mich immer, haben die Leute sonst kein Leben? Ich meine, eine gute Beziehung braucht auch Zeit und guter Eins+Eins-Sex ist eher selten in 5min abgehakt, dann hat man einen Job, Haushalt, Hobbys, platonische Freunde, evtl.e Kinder, Haustiere usw... und das ist doch auch so schon schwierig genug unter einen Hut zu bringen. Das Letzte, für das ich in meinem Leben Zeit einräumen möchte, ist, immer wieder rhetorisch irgendwelche Eifersüchteleien durchzukauen. Und danach hört sich Polyamorie für mich an: dass man es sich zum Lebensinhalt machen soll, nicht nur mehrere Beziehungen zu führen, sondern auch sich und alle anderen zu Personen zu erziehen, die mehreren Beziehungen führen können, ohne sich ständig mies zu fühlen. Ain‘t nobody got time for dat?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Ich liebe solche Kommentare, weil sie einerseits mich zum Nachdenken bringen und andererseits ein toller Dialog entsteht. Also keine Sorge - kein Fettnäpfchen. Wie du schon richtig schreibst: ich mag mich nicht in die Poly-Schublade stecken, tu's nur aus der Notwendigkeit heraus dem Kind einen namen zu geben um Menschen zu erreichen. Ich habe nie wirklich über Polyamorie recherchiert, es heißt ja mehrere Menschen lieben. Soweit kann ich da auch mit. Allerdings empfinde ich für Sarah und Marco nicht das Gleiche wie für Herrn Müller - es ist ein anders lieben. Kein weniger. Insofern empfinde ich mich da auch nicht als Experte für Fragen die Polyamorie betreffen, ich kann nur über meine Erfahrungen/Gefühle/Meinung schreiben. Was das reden und die Zeit angeht... Geredet hat man bei Müllers viel, am Anfang als es jedoch nur um etwas sexuelles/körperliches ging. Man wollte einen gemeinsamen Nenner bezüglich Wünschen/Grenzen finden. Da ging es aber noch in keinster Weise um Liebe. Die entstand, als die richtigen Menschen gefunden wurden. Und von diesem Punkt an wurde das eigentlich eine Art Gespräch ohne Worte. Was ich meine und was vielleicht die allgemeine Diskussion meint ist die Kommunikation/Interaktion miteinander und die Achtsamkeit für einander. Ganz ohne Worte. Für mich zum Beispiel war Eifersucht nie ein Thema, für Herrn Müller aber in Ansätzen schon am Anfang. Also achtet man auf den anderen, man beobachtet,rudert notfalls ein stück zurück, gibt zeit usw., man kann nicht nur auf sich selbst und seine Gefühle/bedürfnisse hören sondern braucht einen Empfänger für die Gefühle des Gegenübers. Das gilt für das andere Paar genauso. Aber das läuft für mich überwiegend nonverbal. Klar, spricht man auch mal über Grenzen und Erwartungen, aber natürlich nicht permanent. Was man aber permanent braucht ist Achtsamkeit für einander. Aber das ist wie in jeder guten Zweierbeziehung: je besser man sich kennt, desto mehr geht einen das in Fleisch und Blut über...

      Löschen
    2. Okay, das kann ich verstehen, hört sich schön an... und ich denke, die Art von Rücksicht muss man in vielen Dingen nehmen, auch als monogames Paar. Aber da seid Ihr vielleicht auch eine Ausnahme... vielleicht auch nicht, so konkret habe ich mich damit nicht beschäftigt. Aber ich finde es wirklich toll von dir, dass du uns das Thema so offen und reflektiert näherbringen kannst, ohne denen, die glücklich in einer Zweierbeziehung sind, ständig vermitteln zu müssen, dass sie in Besitzdenken festgefahrene Dinosaurier sind, die nur aus Eifersucht ihre wahren Bedürfnisse unterdrücken ;)

      Löschen
    3. Genau dieses Verhalten vieler Befürworter von "Beziehungsalternativen" finde ich so zum kotzen und ist auch der Hauptgrund, warum kein wirklicher Dialog entsteht. Ich möchte mich nicht rechtfertigen für meine Lebensweise, höchstens einen Einblick geben. Ich muss auch niemanden überzeugen. Aber selbiges sollte für beide Seiten gelten. Hat einfach was mit Respekt zu tun. Es gibt kein richtig und kein falsch. Schließlich haben wir die Art, in der wir heute zusammen leben SO auch nicht bewusst gesucht, sondern Menschen gefunden, durch deren Bekanntschaft diese Art von Gefühlen entstand. Ich halte Monogamie nicht für falsch, aber ich denke, dass sie nicht der einzige richtige Weg sein muss.

      Löschen