Als ich begann zu bloggen,
wusste ich, dass die Art der Beziehung, in der die Müllers leben, definitiv
einer der Inhalte meines Schaffens werden würde. Ein Inhalt. Nicht der Inhalt.
Bis auf wenige Ausnahmen stieß ich mit der sozialmedialen Bekanntgabe einer
Vierecksbeziehung irgendwo zwischen Freigeist-Schnarch und Herztod jedes
überzeugten Monogamieanhängers nahezu durchweg auf mindestens neutrales, wenn
nicht sogar interessiertes bis wohlwollendes Leserfeedback. Das macht mich
wirklich glücklich und ist sicher nicht zuletzt dem Umstand geschuldet, dass
ich in der Regel darauf achte, dass die Leser zum Content finden und nicht umgekehrt. Zu Lasten der Reichweite, aber zugunsten meiner Nerven.
Mit Trollen diskutieren ist anstrengend, wenn auch manchmal sehr unterhaltsam. In erster Linie aber eigentlich Zeitverschwendung. Logisch. Hau ich mir ohne hinzukucken
jede Menge lose Kirschen in die Tüte im Supermarkt, sind einige gammlige dabei. Dann lieber Augen auf bei der Kirschenwahl, auch wenn's mal wieder länger dauert.
Auch mich selbst hat die
schreiberische Auseinandersetzung mit unserem ganz individuellen Partnerschaftsmodell
zum Nachdenken gebracht und auf eine ganz eigene Art wachsen lassen, ich möchte fast sagen zwischenmenschlich auf eine neue Ebene gebracht, deren Existenz mir vorher nicht wirklich klar war. Das hört sich spirituell an, ist allerdings weder aus einem Forum für frischgebackene Mütter noch meiner Yogalehrerin entlehnt. Um zu
verdeutlichen, was ich meine, möchte ich euch eine kleine Geschichte erzählen,
die ich natürlich wie immer nicht erfunden habe. Nein, sie spielte (oder spielt) sich in meinem direkten Umfeld ab...
Da ist eine junge Frau in der Blüte ihrer Dreißiger. Gerne und mit
Leidenschaft Frau, wenn ihr wisst was ich meine. Auch gerne und genauso
leidenschaftlich Mama. Sie ist glücklich verheiratet und nennt zwei
Schulkinder ihr Eigen. Im Laufe der Vergangenheit fiel öfters der Name eines
Mannes, wenn ihre Familie mit ihr sprach. Es war nicht der Name ihres Mannes,
aber auch ihr Mann war bei diesen Gesprächen dabei und ihn schien das gar nicht
zu stören. Nach allem was man hörte, schien die Familie sogar einiges an
Freizeit mit diesem Mann zu verbringen, es war sogar die Rede von gemeinsamen Urlauben. Aber keiner stellte Fragen.
Eines Tages, auf einer Familienfeier, bekam dieser Name plötzlich ein Gesicht für alle, die bisher nur beiläufig von ihm gehört und keine Notiz genommen hatten. Plötzlich allerdings nahm jeder von diesem unbekannten Mann Notiz, weil er und die junge Frau auf eine Art miteinander umgingen, die weit über den „guten Freund“ der Familie hinausging. Dabei gaben sich beide keinerlei Mühe, den Narren aneinander weder vor den Familienangehörigen noch dem Ehemann zu verbergen. Letzterer schien kein großes Problem mit dem zu haben, was die Gemüter einiger Anwesender auf Erdkerntemperatur erhitzte. Auch die Kinder kennen und mögen den jungen Mann. Fragen stellte keiner.
Wenige Monate später wiederholt sich das Schauspiel auf einer neuerlichen Familienzusammenkunft und nachdem klar ist, dass es sich bei den unglaublichen Beobachtungen der vorangegangenen Festivität nicht um einen einmaligen und somit zum Wohle des Familienfriedens zuvernachlässigenden Vorfall handelt, drohen die Fässer zumindest zeitverzögert überzulaufen. Tatsächlich traut sich niemand, die verheiratete Frau, den scheinbar gehörnten Ehemann und vor allem den schamlosen Ehestörer zur Rede zu stellen. Dennoch hat jeder mehr Meinung als Ahnung und vor allem handfeste Interventionsambitionen. Man müsse reden, schallt es aus Richtung der ehemaligen Erziehungsberechtigten der jungen Frau. Das könne so nicht weiter gehen. Und überhaupt: Was ist da los?
Bemerkenswertes Verständnis jedoch für das glückliche Dreieck ausgerechnet aus der Richtung der Schwiegereltern, also von den "Verantwortlichen" für den unglücklichen Ehemann: "Haben die Meckerer vergessen, dass sie auch mal jung waren und wie geil ein Dreier ist?" . Keine Sorge ums Gefühlsleben des erwachsenen und mündigen Sohnes, sondern eher Sympathie für den Ergänzer, den die Gegenseite argwöhnisch als Reindrängler verurteilt....
Eines Tages, auf einer Familienfeier, bekam dieser Name plötzlich ein Gesicht für alle, die bisher nur beiläufig von ihm gehört und keine Notiz genommen hatten. Plötzlich allerdings nahm jeder von diesem unbekannten Mann Notiz, weil er und die junge Frau auf eine Art miteinander umgingen, die weit über den „guten Freund“ der Familie hinausging. Dabei gaben sich beide keinerlei Mühe, den Narren aneinander weder vor den Familienangehörigen noch dem Ehemann zu verbergen. Letzterer schien kein großes Problem mit dem zu haben, was die Gemüter einiger Anwesender auf Erdkerntemperatur erhitzte. Auch die Kinder kennen und mögen den jungen Mann. Fragen stellte keiner.
Wenige Monate später wiederholt sich das Schauspiel auf einer neuerlichen Familienzusammenkunft und nachdem klar ist, dass es sich bei den unglaublichen Beobachtungen der vorangegangenen Festivität nicht um einen einmaligen und somit zum Wohle des Familienfriedens zuvernachlässigenden Vorfall handelt, drohen die Fässer zumindest zeitverzögert überzulaufen. Tatsächlich traut sich niemand, die verheiratete Frau, den scheinbar gehörnten Ehemann und vor allem den schamlosen Ehestörer zur Rede zu stellen. Dennoch hat jeder mehr Meinung als Ahnung und vor allem handfeste Interventionsambitionen. Man müsse reden, schallt es aus Richtung der ehemaligen Erziehungsberechtigten der jungen Frau. Das könne so nicht weiter gehen. Und überhaupt: Was ist da los?
Bemerkenswertes Verständnis jedoch für das glückliche Dreieck ausgerechnet aus der Richtung der Schwiegereltern, also von den "Verantwortlichen" für den unglücklichen Ehemann: "Haben die Meckerer vergessen, dass sie auch mal jung waren und wie geil ein Dreier ist?" . Keine Sorge ums Gefühlsleben des erwachsenen und mündigen Sohnes, sondern eher Sympathie für den Ergänzer, den die Gegenseite argwöhnisch als Reindrängler verurteilt....
Natürlich sprachen und sprechen wir auch
in der Quattroehe über diese kleine wahre Geschichte und ihre Beteiligten. Und
in der Tat ertappt man sich selbst viel zu schnell beim Verurteilen. Ist das
nicht egoistisch? Kommt der Ehemann nicht zu kurz? Das kann doch niemals
gutgehen. Darf man das seinen Verwandten und Bekannten zumuten oder ist sowas
Privatsache? Solche Vorverurteilungen liegen vermutlich in der Sozialisation
von uns allen begründet. Außerdem teilen die meisten Menschen nicht gerne und geben noch
weniger gerne etwas ab, wenn sie nichts dafür bekommen. Und tatsächlich
erscheint unsere eigene Interpretation einer zumindest leicht geöffneten Ehe
sehr viel ausgeglichener und erfolgsversprechender. Aber können wir uns nicht
absolut sicher sein, dass irgendwo Menschen hocken und ähnlich über uns denken?
Die behaupten, dass es keine Liebe sein kann, wenn man seinen Ehepartner jemand
anderen überlässt? Dass man überhaupt nur eine einzige Person lieben kann? Dass
sicher der Sex zu zweit vorher einfach langweilig oder sogar tot war? Dass in
so einer Familie nur völlig verkorkste Kinder leben können?
Abgesehen von der Tatsache, dass uns egal ist, was andere denken, müssten uns diese Vorurteile rasend machen, weil sich Menschen anmaßen über unser Gefühlsleben zu entscheiden. Sie glauben zu wissen, wie wir empfinden und wie wir empfinden sollten. Aber steht uns das zu? Eigene Maßstäbe an das Lieben und Leben Anderer anzulegen?
Ertappt. Wir hatten gerade das Selbe getan. Genau das, was wir von unseren Diskussionspartnern fordern, nämlich das „Leben und leben lassen“ waren wir gerade selbst nicht zu leisten bereit. Wir sind SO glücklich. Ihr seid ANDERS glücklich. Wir ALLE sind glücklich. Punkt. Keine Urteile.
Abgesehen von der Tatsache, dass uns egal ist, was andere denken, müssten uns diese Vorurteile rasend machen, weil sich Menschen anmaßen über unser Gefühlsleben zu entscheiden. Sie glauben zu wissen, wie wir empfinden und wie wir empfinden sollten. Aber steht uns das zu? Eigene Maßstäbe an das Lieben und Leben Anderer anzulegen?
Ertappt. Wir hatten gerade das Selbe getan. Genau das, was wir von unseren Diskussionspartnern fordern, nämlich das „Leben und leben lassen“ waren wir gerade selbst nicht zu leisten bereit. Wir sind SO glücklich. Ihr seid ANDERS glücklich. Wir ALLE sind glücklich. Punkt. Keine Urteile.
Interessant ist, dass sich
die meisten Außenstehenden scheinbar bestens vor allem mit dem Gefühlsleben des
Ehemannes auskennen, aber ihn weder jemand nach seinem Befinden bezüglich des
Geschehens fragt, noch seine tiefe Entspanntheit wahrnimmt. Was nicht sein
darf, das kann auch nicht sein. Wie kann sie ihn nur so bloßstellen? Und wie
kann dieser Fremde sich eigentlich so in diese Ehe drängen mitten in einer
Situation, in der niemand irgendwie bedrängt wirkte. Sie geht zu weit und er
natürlich auch. Und nur aufgrund der Tatsache, dass eben nicht sein kann, was
nicht sein darf, kommt keiner auf die Idee, dass es vielleicht noch viel weiter
gehen würde. Der Ruf nach Intervention wird laut, Konsequenzen wollen gezogen
werden. Aber gefälligst schön vorsichtig und bitte erst am Morgen, nachdem die
Gangs die Straßen verwüstet haben und nur noch das Knacken der Scherben unter
den Schuhen zwischen den Häusern hallt.
Ist es wirklich angenehmer per großer Ankündigung ein ernstes Wörtchen reden zu wollen, statt sich mitten im Geschehen zum Beispiel mit einem Bierchen neben den Ehemann zu hocken und zu sagen: „Hey, was is denn bei deiner Frau los?“ oder den Arsch zusammenzukneifen und die Frau zu fragen „Hast du jetzt einen Hausfreund oder wie seh ich das?“.
Fragt man den erklärten Feind des Familienidylls vielleicht unterbewusst genau deshalb nicht nach seiner Funktion, weil man befürchtet, er könnte antworten "Wenn es auch nur einem der beiden mit dem was ich tue, nicht gut gehen würde, würde ich mich sofort zurückziehen. Die bestehende Familie ist mir heilig. Ich sehe mich als Bereicherung."
Warum wühlt man lieber allein im gedanklichen Salat aus eigenen Wertvorstellungen, Eindrücken und moralischen Grenzen, vor allem wenn die scheinbar so verworrenen Verhältnisse drohen, einem den verdienten Nachtschlaf zu rauben? Warum reden Menschen lieber übereinder statt miteinander?
Ist es wirklich angenehmer per großer Ankündigung ein ernstes Wörtchen reden zu wollen, statt sich mitten im Geschehen zum Beispiel mit einem Bierchen neben den Ehemann zu hocken und zu sagen: „Hey, was is denn bei deiner Frau los?“ oder den Arsch zusammenzukneifen und die Frau zu fragen „Hast du jetzt einen Hausfreund oder wie seh ich das?“.
Fragt man den erklärten Feind des Familienidylls vielleicht unterbewusst genau deshalb nicht nach seiner Funktion, weil man befürchtet, er könnte antworten "Wenn es auch nur einem der beiden mit dem was ich tue, nicht gut gehen würde, würde ich mich sofort zurückziehen. Die bestehende Familie ist mir heilig. Ich sehe mich als Bereicherung."
Warum wühlt man lieber allein im gedanklichen Salat aus eigenen Wertvorstellungen, Eindrücken und moralischen Grenzen, vor allem wenn die scheinbar so verworrenen Verhältnisse drohen, einem den verdienten Nachtschlaf zu rauben? Warum reden Menschen lieber übereinder statt miteinander?
Erst kürzlich hat mir eine
Zufalls-Neuleserin unterstellt, eine schlechte Lehrerin zu sein. Das tat sie
auf Basis eines in ihren Augen zu abwertenden Posts bezüglich meiner Klasse.
Zack. Verurteilt. Und der Post war noch nicht mal besonders lang und für meine Verhältnisse höchstens durchschnittlich kreativ. Na klar, mein
Hass auf Kinder ist der Motor meines beruflichen Wirkens. Ich wüsste nicht,
wofür ich morgens aufstehen sollte, wenn mich nicht die Aussicht locken würde,
den ganzen Vormittag lang unschuldige Kinderseelen zu drangsalieren.
Kindertränen sind wie Regen auf meiner ausgedörrten Pädagogenseele. Und wisst
ihr was ich am meisten an den Kindern hasse? Sie fragen, wenn sie etwas nicht
verstehen. Und wenn sie fragen, dann tun sie das direkt, haben dabei weder
Erwartungen an die Antwort noch an das Gefühlsleben des Gefragten. Sie wollen
einfach wissen. Oder wie es Justin ausdrücken würde: „Frau Müller, is das dein
Enkel, da auf dem Bild auf deinem Tisch?“
Lies mehr von schlechten Lehrern
und schlechten Ehen
bei Frau Müller auf Facebook.
Frau Müller, du sprichst mir aus der Seele. Es gibt so viele wundervolle und bunde Menschen, selbstredend auch die unterschiedlichsten Formen von Beziehung. "Sein Herz allerdings an zwei Männer zu verlieren, scheint tatsächlich das egoistichste und selbstzerstörerichste was eine Person tun kann." Ich hoffe dein Artikel öffnet dieser Frau die Augen und Sie findet ihren Weg.
AntwortenLöschenIch bin mir nicht ganz sicher, ob ich die Ironie deines Kommentars nicht verstehe oder du den Artikel nicht verstanden hast :)))))
LöschenVon Matthias S.
AntwortenLöschenHallo Frau Müller,
ich finde den Artikel sehr interessant und auch amüsant, wie überhaupt Deine Artikel.
Die Öffnung der Ehe für Konstellationen wie Hausfreund als auch die Quattroehe, sind für mich, der in einer Ehe mit Frau und einem Kind lebt, schon lange eine prickelnde Vorstellung. Allerdings scheiterte es daran, daß meine Frau dafür nicht zu begeistern war, zumindest praktisch. In der Fantasie eventuell. Aber daß lässt sich nicht genau sagen.
Also blieb es bei mir nur Fantasie. Wenn, dann müssen natürlich beide "wollen" .
So bleibt mir nichts anderes übrig, als weiter Deinen Blog zu lesen und die Fantasie spielen zu lassen.
Erstmal Danke für die Blumen. Das ist natürlich Schade wenn die Vorstellungen und Wünsche da so weit auseinander gehen. Aber selbst wenn ihr es nicht schafft, ein solches Modell auch zu leben, aber theoretisch darüber sprechen könnt und es vielleicht auch Teil eurer Phantasien ist, seid ihr schon viel weiter als viele andere Paare, die sich noch nicht mal trauen über so etwas zu reden. Das ist leider immer noch nicht selbstverständlich. Vielleicht schafft ihr es ja, auch sozusagen in der Mitte zu treffen. Vielleicht bei einem gemeinsamen Clubbesuch, bei dem nur Geguckt wird, bzw. man zugucken lässt?
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