Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Freitag, 10. Februar 2017

Herr Müller und "Die Uschi auf dem rosa Kissen" (Beitrag zur Blogparade)

Das Thema der Blogparade von Paula und ihrem Blog wasmansonichtsagendarf.ch ist ja nicht gerade ein typisches Müller-Thema und lange bin ich um diesen Artikel herum geschlichen. Frau Müller beschäftigt sich in der Regel entweder mit Schlüpfrigem oder Alltags-Banalitäten, selten auch mal mit Lehrertypischem. An etwas so fundamentales und tiefgreifendes wie „Dankbarkeit“ habe ich mich bisher nicht ran getraut. Mein Metier ist eher boshaftes Meckern, eine gesunde Portion Sarkasmus und gerne eine Prise Provokation. 

Und dennoch hat mich das Thema nicht losgelassen. Dankbarkeit. Ich bin meistens ein optimistischer und positiver Mensch, hatte im Leben kaum Hürden zu meistern. Schon allein dieser Umstand macht mich dankbar. Ich bin dadurch nicht blind vor dem Leben anderer. Wenn ich meinen „irrsinns-bedingten“ Größenwahnsinn ausschalte und zwischendurch immer mal wieder auf dem Boden ankomme dann wünsche ich mir nur eins: Dass alles so bleibt wie es ist. 

Die für mich wichtigsten Dinge zum Glück habe ich und möchte sie nicht hergeben. Daher sage ich zunächst: Danke ans Leben. Danke, dass meine Familie (noch) in einer Gesellschaft lebt, die uns schützt, dass wir nicht mit gegenseitigem Leid und Tod zurechtkommen müssen, dass wir nicht hungern müssen, dass wir geliebt werden.

Ich reflektiere mehr als der Durchschnittsmensch über das was ich bin. Und in schwachen Momenten habe ich Angst davor, dass mir das Leben irgendwann einmal sagt: Jetzt ist Schluss mit der „Eier-Schaukelei“. Jetzt bist du mal mit „Einstecken“ dran. Nicht immer die anderen. Dein „Liebesperlen-Konto“ ist aufgebraucht, jetzt gibt’s mal Zitronen. Nach dem Spaziergang der letzten Jahre kommt jetzt die Prüfung. Komme ich dann damit klar? Der Gedanke macht mir Angst.
 
Verglichen mit dem was andere Menschen in ihrem Leben ertragen müssen, ist meine Hürde wohl ein Kinderspiel gewesen. Und dennoch hat mein Burn-Out und die Depression Spuren hinterlassen. Erst haben sie sich jahrelang gut vor mir versteckt und waren trotzdem immer da. Dann wurde das Versteck zu klein und das was versteckt werden sollte immer größer. Heute kenne ich die Verstecke. Ich vertraue noch immer nicht ganz darauf, dass nicht doch wieder etwas lauert, muss ab und zu mal nachgucken. Meistens ist nichts da. Wie das Monster unter dem Bett, an das wir erst nicht mehr glauben wenn wir zum 100sten Mal nachgeschaut haben. Und wenn ich doch mal was finde, in den Verstecken von früher dann ist es klein und schwach, viel schwächer als ich HEUTE. Es lässt sich meistens schnell verjagen. Oder ich ignoriere es einfach eine Weile, wie es da so hockt und wartet dass es wächst. Nach ein paar Tagen wird ihm langweilig und es verschwindet. Hört sich einfach an – ist es aber nicht immer.

Zurück zur Dankbarkeit. Es gibt Spiele, die machen erst Sinn wenn man sie im Team spielt. Und auch beim Versteckspielen hat man bessere Chancen auf den Sieg wenn einem ein Mitspieler den Rücken frei hält, während man selbst den Gegenspieler sucht. Meinem Teamplayer möchte ich DANKE sagen. DANKE, Herr Müller.
Kann gut mit Tieren, ältern Damen ... und mir

Herr Müller ist seit über 15 Jahren an meiner Seite. Wir gehören wohl zu den Allerersten, die sich dank Schülerchat im weltweiten Internet kennenlernten, sich fanden ohne sich je gesucht zu haben und dann auch noch in benachbarten Orten wohnten. Damals waren die Umstände unseres Kennenlernens noch sehr besonders.

Er kannte und liebte das Ei zunächst mit Schale, dann kannte und liebte er es auch mit sehr brüchiger ja bröselnder Schale und er kennt und liebt das Ei jetzt, ganz ohne Schale. Er war es, der mir geholfen hat in dem „Gefühls-Auf-und-Ab“ die miese Laune von der Krankheit abzugrenzen, der mich ernst genommen hat und mit mir zum Arzt gegangen ist, der Erziehungsurlaub genommen hat um mir während meiner Prüfungen den Rücken frei zu halten obwohl ich immer sooo stark sein wollte und dachte, das alles alleine zu schaffen. Und das obwohl ich ihm in den „schlechten Zeiten“ so wenig Liebe entgegen gebracht habe. 

Auch jetzt ist das Leben mit mir noch kein Spaziergang. Manchmal, wenn sich die „Reste“ der Schale bemerkbar machen, dann lässt er mich einfach gewähren. Er lässt mich das „Nichts“ tun, worauf ich die meiste Lust habe, erträgt meine Einsilbigkeit und die Gefühlsausbrüche, den Familienalltag managed er einfach alleine.

Ich bin eigensinnig, oft selbstgerecht, launisch und ICH BIN heute EINE USCHI. Was zur Hölle ist eine Uschi, werdet ihr denken. Uschi ist für mich Synonym für ein verwöhntes Frauchen. Herr Müller liebt und hegt die Uschi in mir. Er lässt mich morgens länger schlafen, geht zuerst ins Bad und räumt dann sogar den Geschirrspüler aus. Er geht im Winter früher raus um das Auto abzukehren und die Scheiben abzutauen, ja sogar die Sitzheizung macht er mir an. Er würde sich nie mit mir ums letzte Stück Pizza streiten, er überlässt es einfach mir. Er erledigt meinen Papierkram und tätigt Anrufe auf die ich keine Lust habe. Er nimmt den ollen Zweitwagen und lässt mich mit der großen Kutsche fahren, er duldet sogar das Chaos das ich darin veranstalte. Er überlässt mir zu 99% aller Fernsehabende das Bestimmungsrecht, nicht zuletzt teilt er mit mir natürlich diese besondere Offenheit, die uns unsere andere Art der Beziehung (auch in sexueller Hinsicht) ermöglicht… .

All das ist für mich keine Selbstverständlichkeit, ich weiß das zu schätzen. Auch wenn es mir im Alltag nicht immer gelingt, ihm das zu zeigen. Ich setze das nicht voraus und er tut es nicht weil ich das so erwarte oder weil er gar Gegenleistungen erwartet. Er tut es einfach. Dafür (und natürlich noch für viel mehr) liebe ich ihn so sehr.

Müllers abends spät im Bett:
Frau Müller: "Schatz, hast du das gerade gehört. 
Da war was... unten ... ein Geräusch.
Herr Müller (schon halb schlafend): "Ich hab nichts gehört."
Frau Müller (lauscht immer noch): "Doch, wieder... hörst du das?"
Herr Müller (leicht genervt): "SCHATZ, soll ich mal kucken gehen?"
Frau Müller: "Ach, musst du nicht. War bestimmt die Katze."
Herr Müller steht auf und schaut nach.


Mir ist so viel Selbstlosigkeit manchmal unangenehm. Ich könnte mir aber vorstellen, dass Herr Müller, wenn ihm das Schreiben liegen würde, in einer „Gegendarstellung“ jede Menge Gründe finden würde, warum er „seine Uschi so gerne auf ihrem rosa Kissen“ durchs Leben trägt.  
Danke Herr Müller. Danke dass du mir so oft die Angst vor der Zukunft nimmst weil ich weiß, dass das mit dir an meiner Seite schon irgendwie wird.

Der heutige Artikel hat in erster Linie eine Botschaft an Herrn Müller, an zweiter Stelle ans Leben. Ich möchte (wie auch in allen anderen Artikeln in denen ich über Besonderheiten unserer Beziehung schreibe) kein Richtig und kein Falsch definieren. So wie Menschen verschieden sind, sind es auch Beziehungen. Wir suchen uns den Menschen der zu uns passt (und mit dem jemand anderes vielleicht so gar nichts anfangen kann). Genauso sollten wir es auch mit der Art unserer Beziehungen halten…

Ihr dürft mir gerne auch auf Facebook folgen. DANKE 
   

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