Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Mittwoch, 28. Dezember 2016

GAYZEMBER: Mit dem Arschdoktor zur Ladysnight - Frau Müller zu Gast im schwulen LEIPZIG

Der GAYZEMBER neigt sich dem Ende und schon in drei Tagen verschwindet die regenbogenfarbene Deko aus der Lehrerzimmer-Außenstelle bis sie in elf Monaten wieder rausgeholt wird. Nach der Sekt-oder-Seife-Trilogie zum Finale heute noch ein kleiner Nachtrag.


Gebrauchsanweisung:

Ich respektiere Homosexuelle und sämtliche anderen sexuellen Orientierungen in vollem Umfang. Gesellschaftlich gemeinhin als „abwertend“ anerkannte Begrifflichkeiten wie zum Beispiel Schwuchtel o.ä. habe ich dem liebevoll-vulgären Umgangston meiner geschätzten homosexuellen Freunde entnommen. Wenn ich auch nie ein echtes Einhorn kennenlernen durfte, die Freude euch zu kennen bringt mich über diesen Verlust hinweg. 

Es war mal wieder Ladysnight. Meine Sarah und diesmal leider nur einer unserer herrlich schwuchteligen Lieblingsbegleiter stürzten sich ins Nachtleben nach dem alt bekannten Motto „Sekt oder Seife“. Nico ließ sich wegen emotionaler Unpässlichkeit und zu wenig Schlaf leider entschuldigen.
  
Unser Rick ist eine emotionale 16 Jährige mit dem Körper eines 12Jährigen und dem Erfahrungshorizont einer 45jährigen Prostituierten aus LasVegas. Wenn er so aus dem Nähkästchen plaudert, könnte man meinen die ganze Welt ist schwul. Und die hohe Gayquote um ihn und uns herum lässt sich dank Grinder (das schwule Tinder) quasi visualisieren

Der Haarschnitt zum Freundschaftspreis und die Botoxspritze fürs kleine Portmonee sind zweifelsohne Vorteile der homosexuellen Promiskuität. Wenn Mann aber wegen Verstopfung zum Arschdoktor (entschuldigt bitte, wir hatten getrunken, uns ist das Wort nicht gleich eingefallen), also zum Proktologen geht und dann feststellt, dass der 65jährige Mediziner erst kürzlich das eigene GayRomeo-Profil besucht hat, fühlt er sich dann doch mal peinlich berührt bei der Bitte sich zu entspannen um die rektale Untersuchung zu ermöglichen.
 
Nach einer befundlosen Voruntersuchung und der Überweisung zur Darmspiegelung wartet auch dort schon die nächste Bettbekanntschaft im weißen Kittel.

Die Welt ist ein schwules Dorf mit durchaus auch schattigen Plätzchen.  An dieser Stelle drängt sich mir eine Frage ins Hirn, entscheidet man sich als schwuler Medizinstudent bewusst für das Vertiefen eines Teilgebiets, das irgendetwas mit dem Hintertürchen zu tun hat? Oder wird man womöglich durch die vermehrte Auseinandersetzung mit eben genau dieser Körperregion erst schwul?

Es türmen sich Fragen wie Kumuluswolken.  Ist die Männerquote unter Proktologen höher? Oder gibt es genauso viele Frauen die sich mit sowas beschäftigen wollen? Und wenn ja, wie sind die denn drauf???? Keine Ahnung wie ich heute Abend einschlafen soll, bei solch tiefgreifenden Fragestellungen.

Nach Abenden in denen  Rick in unserem Hetero-Sonnenlicht geglänzt hat, wurde er schon häufig gefragt wer denn die beiden "geilen Ladys" (Zitat, Zitat!!! Nicht von mir!) waren. Im Szene-Mikrokosmos unseres Ricky-Boys tragen wir den Namen Bitch-Barbies. Gefällt mir.

Bei Bekanntschaften, die uns noch nicht erlebt haben kann das schon mal für Verwirrung sorgen. Kürzlich hab ich nach einer Übernachtung bei Rick (ich war mal wieder Gast eines Junggesellenabschiedes – dazu an anderer Stelle mehr) ein eindeutig weibliches Wäschestück versehentlich vergessen (Kein Slip!). Der männliche Besucher fand das gute Teil und stellte den armen Rick zur Rede, der bis zu diesem Moment selbst nichts von meinem Fauxpas bemerkt hatte.

Da steht also dieser Mann Sonntag halb elf in der Badtür, hält ein schwarzes Spitzenhemdchen in den Händen, schnüffelt theatralisch daran und stellt dann mit bestürzt schwuchteligem Unterton fest: „Rick, das ist eindeutig nicht von dir! Ich glaube du hast mir etwas zu erklären!“

Man kann sich vorstellen, dass jemand der uns nicht kennt mit Aussagen wie „Das ist von einer Bitchbarbie… die hat letzte Nacht bei mir geschlafen… in meinem Bett… aber ich habe auf dem Sofa geschlafen… sie ist schon weg… weil sie Familie hat… einen Mann und zwei Kinder…“ eher schwer zufrieden zu stellen ist. 

Wir geben uns Mühe beim Aufbrezeln, schließlich sind wir mittlerweile ja schon ein bisschen Fame. Und auch Rick hat seine Sorgen. Er muss sich noch rasieren. Schließlich will er (Zitat) aussehen wie 12 und nicht wie 25. Er ist ja ein Boy.


Unser Boooyyy hat wie schon erwähnt die emotionale Reife EINER 16 Jährigen. Trotz aller Mahnungen von uns und ALLEN Anderen hinsichtlich seines egozentrischen Lebensstils plant er die Anschaffung eines Hundes. Sein einziges „Aber kuckt doch mal wie niiiiiedlich der ist“-Gegenargument war für ihn in der Diskussion völlig ausreichend.

Zugegeben objektiv betrachtet ist so ein meerschweinchengroßer Hund mit der Physiognomie eines Ewok-Babys wahrscheinlich wirklich ganz „zauberhaftig“ aber Rick schafft es doch noch nicht mal seine Zimmerpflanzen regelmäßig zu gießen. 

Immerhin hat er sich schon Gedanken über die Erziehung seines Schützlings gemacht (der Vollblut-Pädagoge). Das edle Tier soll türkisch lernen. Und Hundespielzeug, das aussieht wie aus der Gay-Abteilung im Sexshop liegt auch schon in seinem Amazon-Warenkorb.

Also er: das Bräunungstuch ins Gesicht und die Wimpern für endlose Länge mit Rizinus-Öl getuscht. Wir: aufgebitcht mit Glätteisen, Cinderella-Schuh und Kleidern, deren Länge wenigstens kurz diskutiert wurde. Aber wo wenn nicht zur Homoparty soll man diese Saumlänge sonst tragen können. Für den Swingerclub sind die Fummel zu „angezogen“.

Und rein ist gayle Partygetümmel, Rick stellt uns vor. Das sind Frau Müller, Oberstudienrätin und Sarah, Visagistin aus Berlin. So unvorbereitet auf diese schamlose Aufwertung unserer Werdegänge fällt es uns schwer den arrogant-unnahbaren Gesichtsausdruck zu bewahren. 

Wir treffen Martin, unsere Lieblings-High-End-Transe und weitere Männer in wirklich gut gemachter Frauengestalt neben denen wir uns hinsichtlich ihrer weitgehend fettfreien Körper mit Taillen von 10Jährigen fühlen wie fette Schweine.

Rick hält mit Hintergrundinformationen nicht hinter dem Berg, ob Polizisten mit denen im wahren Leben seit ihrem Coming out keiner mehr die dienstlichen Duschen benutzen will oder Freunde die auf Grund selbstloser Hingabe für sexuelle Handlungen in der Öffentlichkeit nun den szeneinternen Spitznamen „die Bücke von der Albert-Brücke“ tragen - es gibt hier so viel zu entdecken. 

Britneybitch und Will-I-am heizen uns aus den Boxen ein, oben drauf balzende Männer, die sich gegenseitig ihre schwitzenden nackten Oberkörper anbieten. Und dann der Stimmungsknick des Abends. Rick trifft auf den festen Freund seines größten Fehlers und besten Fi***ers ever (Ricks aktuelle Definition von „großer Liebe“). Während er Rick fortan nicht mehr aus den Augen lässt und ihn von Floor zu Floor stalkt, sinkt die Stimmung unseres Party-Prinzen zusehends.

Alexander, der Abwesende, um den sich von diesem Augenblick an wieder alles dreht, konnte Rick nie eine zufriedenstellende Reaktion auf die Aussage „Ich kann nicht akzeptieren, dass du mit allen auf der Welt Sex hast, nur mit mir nicht!“ bieten, nachdem er ihm in den Monaten davor den besten Sex seines Lebens beschert hatte.

Um sich selbst und seinem „Rivalen" auf der Tanzfläche zu zeigen, dass auch er durchaus Begehrlichkeiten wecken kann, „missbraucht“ er kurzerhand einen seiner vielen Verflossen und liefert der Öffentlichkeit eine schweißtreibende Vollkontakt-Knutscherei.

Die Genugtuung hält aber nur bis zum 500m langen Heimweg, auf dem er bei fast einer ganzen Schachtel Zigaretten seiner Wut über diese „elende Hure, diese miese, dreckige F***“ Luft macht. 

Anwohner, die in lauen Spätsommernächten gerne bei offenem Fenster schlafen, haben nun wohl auch eine vage Vorstellung wie schwer das Leben eines homosexuellen Dauergeilen im Körper eines 12Jährigen sein kann.
 
Blind gefangen in seinem eigenen Leid entgeht ihm die seelische Verletzung welche uns an diesem  Abend zu später Stunde zugefügt wurde. Wir hielten uns dezent im Hintergrund als Rick von einem flüchtigen Bekannten an der Bar mit Blick auf uns gefragt wurde, wer von uns den Nico, seine bessere Hälfte, sei.

Hallo? Sehen unsere Möpse vielleicht aus, als hätten wir sie aus Badeschwämmen gebaut? Wir sind trotz Absatzschuhen höchstens einssiebzig und nicht zwei Meter groß, unsere Augenbrauen sind da wo sie hingehören und unsere Frisur wurde nicht von chinesischen Billiglohn-Arbeiterinnen handgeknüpft. Wir sind fassungslos – aber für unsere Fassungslosigkeit ist unter Ricks Gewitterwolken am Zuckerwattehimmel kein Platz.

Kurz vor halb vier Uhr nachts glühen die Tasten von Ricks Smartphone. In seinem Prinzessinnen-Bettkokon auf dem Sofa läuft der virtuelle Schwuchteltalk auf Hochtouren. Schließlich muss er ja irgendwo hin mit seinem Unmut über diese „elende Nutte“.

Wir schminken uns das dünne „Ich bin eine echte Frau und brauche keine Spachtelmasse um Bartwuchs zu vertuschen“ – Makeup ab und legen die geschundenen Ladysfüße in Größe 38 hoch.

Am nächsten Morgen sind wir beim Packen besonders umsichtig, um nicht den nächsten Supergau im Gayuniversum zu provozieren, wenn diesmal Underwear von gleich zwei Bitchbarbies unterm Bett liegt und Erklärungen notwendig werden. 

Und damit endet der GAYZEMBER 2016. Ich freue mich auch im kommenden Jahr wieder auf Leipzig - meine zweite Heimat -  und viele wunderbare Abende mit Rick, Nico, Sarah und dem Penismemory. Ich liebe euch!
GAYZEMBER 2017… will be magic again.


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