Lehrer sind auch nur Menschen. Und nicht jeder trifft sich abends mit Kolleginnen abwechselnd zum Nordic Walking oder zum Fortgeschrittenenkurs in Seidenmalerei. Ich denke ich bin das Kuckucksei im Lehrerzimmer. Etwa wie ein Veganer, der ausversehen Metzger geworden ist oder ein Pilot mit Höhenangst. Oder wie eine Franzi van Almsick, die immer wieder vom Schwebebalken fällt weil sie noch nie jemand ins Wasser geschubst hat.

Mittwoch, 14. Dezember 2016

GAYZEMBER: Der Schrei nach Sekt oder Seife TEIL 2 - Frau Müller zu Gast im schwulen LEIPZIG

Wichtiger Leserhinweis:
Ich respektiere Homosexuelle und sämtliche anderen sexuellen Orientierungen in vollem Umfang. Gesellschaftlich gemeinhin als „abwertend“ anerkannte Begrifflichkeiten wie zum Beispiel Schwuchtel o.ä. habe ich dem liebevoll-vulgären Umgangston meiner geschätzten homosexuellen Freunde entnommen. Wenn ich auch nie ein echtes Einhorn kennenlernen durfte, die Freude euch zu kennen bringt mich über diesen Verlust hinweg.

Wie bei jeder anderen Droge muss man auch bei der Regenbogen-Droge die Dosis allmählich steigern (Erstkontakt hier). Also next Step – Ladys-Wochenende. Unsere Männer haben wir beim Fußball-Turnier geparkt

Nur Sarah, ich und unsere neuen ganz zauberhaften schwulen Freunde. Wir nehmen Rick vom Fronturlaub aus der Heimat mit zurück in sein großstädtisches Exil. Dafür nimmt er uns am Abend mit in unser „homosexuelles Exil“.

Nüchtern und beim Autofahren bringt mich schwuler Sex-Talk von der Rückbank zu dem Bedürfnis mir das Hirn mit Seife waschen zu wollen. Imaginäre und ganz reale Bilder vom Handydisplay  - darauf abwechselnd sehr gut gebaute Oberkörper oder ebenso gut gebaute Schwänze - halten sich mir unter die Nase. Damit wächst das Bedürfnis nach Sekt, um das alles ertragen zu können ohne sich durch das Gesehene und Gehörte beschmutzt zu fühlen.

Also Ankommen, raus aus dem Auto und den ersten Prossecco öffnen. Der Sextalk hält an, jetzt schon viiiel besser zu ertragen. Vorglühen, das schwule Begleitgrüppchen empfangen und sich stylen fürs Regenbogen-Glitzer-Zuckerwatte-Event.

Man beziehungsweise Frau fühlt sich beim Schminken und Haare machen verstanden. Keine Hetero-Männer, die zockend mit dem Bier auf dem Sofa warten und im Fünf-Minuten-Takt die Zeitansage imitieren, sondern Gedränge im Bad weil ja auch die Männer Make-up auflegen müssen und aufmerksam  beobachten, welche Beauty-Produkte man selbst benutzt um die Anwesenden daraufhin mit dem eigenen Erfahrungsschatz zu bereichern.

Die professionelle Transe Martin (an diesem Abend allerdings in Alltags-Männergestalt) beäugt kritisch mein dramatisches Augen-Make-Up und enttarnt fachmännisch meine geklebten Wimpern. Ich halte die Luft an, mache mich auf den Shitstorm gefasst. Nein, sagt er, er würde es kaum besser machen! Ich bewerte das als eines der größten Komplimente meines ganzen Lebens.
Welche Schuhe gehören den Aschenputteln und welche den Prinzen?
(die Prinzen-Schuhe blieben an diesem Abend allerdings daheim)
Er gibt mir eine detailierte Step-By-Step-Anleitung, wie ich mit einem schmalen Pinsel am Unterlid noch besser Highlights setzen kann. Ich werd schon wieder nüchtern und hab Mühe ernst zubleiben, bei dieser Vollblut-Lady im Männerkörper im Make-Up-Artist-Modus.

Anschließend testet er die Mascara meiner Freundin an sich selbst, befindet sie für gut und verzichtet aber dann doch auf den zusätzlichen dunklen Lidschatten: "Jaaa, is ja schon gut. Ich mach's wieder weg!" sagts, dreht sich um und verschwindet mit mit dramatischer Körpersprache im Bad.

Kurz vor dem Gehen versucht er uns in einem Selfie-Marathon sexy Gesichtsausdrücke jenseits des Duckface zu lernen. Er nennt es die „Schnapp-Atmung“, die Mimik eine Millisekunde vor dem Orgasmus. Martin demonstriert uns professionell, was er damit meint und wir bekommen Schnapp-Atmung. Vor Lachen. Die entstandenen Selfies werden noch für viel Frohsinn sorgen…

Er war es dann auch, der uns an dem Abend für längere Zeit verließ um in der Gay-Sauna zwei Straßen weiter nach eigener Aussage „ein paar Schwänze zu lutschen“  - und wieder schrie mein Unterbewusstsein laut  „Wasch dein Hirn oder schenk endlich Sekt nach“.

Mit Rick und Nico erlebten wir einen „zauberhaftig-glitzernden“ und sehr feucht-fröhlichen Abend voller gefühlvoll mitgefeierten Cher- und Britney-Spears-Songs. Die Chonchita-DJane machte einen wirklich guten Job. 

Bei jedem Besuch an der Bar hielt uns Rick sein Handy unter die Nase, darauf immer wieder ein anderer Penis der einem der Anwesenden gehörte. Das ganze fühlte sich an wie eine Art Suchspiel, nennen wir es Penis-Memory.

„Der hier gehört zu dem da in dem weißen Hemd, der war riesig – da musste ich abbrechen, dafür bin ich nicht gebaut!“ Oder: „Hier, das ist der da – er ist Kinderarzt und mags gerne richtig feucht!“ oder auch: „Der da ist bei der Polizei und hat eine Freundin, hat mich aber schon vier Stunden am Stück gef****!“ Und immer wieder der Schrei in meinem Hinterkopf: SEKT ODER SEIFE! SOFORT!

Wir alle bauen ja einen nicht unerheblichen Teil unseres Weltbildes aus mehr oder weniger realitätsnahen Klischees auf. Ein solches weitverbreitetes Klischee ist zum Beispiel das der schlammverschmierten, durchgeschwitzten Kreisklasse-Mannschaft, die Freitagabend nach dem Training in der Umkleide bei einem Kasten Bier im feinsten Dorf-Soziolekt jedwedes sexuelle Abenteuer auswertet um sich den Rang in der Männerherde zu erhalten.

Ich persönlich kenne solche Männer nicht. Ich kenne aber Frauen die das bei einer Flasche Sekt und selbstgebackenen Kuchen am Samstagnachmittag auf der Terrasse gerne tun. Natürlich nicht mit der Absicht sich zu profilieren sondern viel mehr um Erfahrungen auszutauschen.

Und ich kenne nun Männer, die dem Ganzen die Krone aufsetzen indem sie von mehrstündigen Vorne-Hinten-Rein-Raus-Leck-Schmeck-Körperflüssigkeiten-Eskapaden erzählen, mit Worten die bildhafter nicht sein könnten. Sie tun dies in einer Frequenz wie frischgebackene Eltern, die untereinander die Entwicklungsfortschritte ihres Säuglings auswerten und das bei nahezu jeder Gelegenheit. Dabei wechseln die P(r)otagonisten (den konnte ich mir jetzt nicht verkneifen, ich weiß – der war flach) so häufig wie die Nebendarsteller bei GZSZ. Um nicht durcheinander zu kommen zeichnet man gedanklich eine Mind-Map mit. 
 
Schwule sind einfach wunderbar unterhaltsam. Man fühlt sich wie in sein eigenes Klischee hinein gebeamt, wenn ein optisch vollwertiger Mann den Anderen im herrlich schwuchteligen Tonfall nach Labello fragt, dieser sagt er habe keinen und dafür ebenso schwuchtelig wie vulgär laut als „dreckige Nutte, die doch sonst auch den ganzen Tag schmiert“ beschimpft wird.

Ebenso schonungslos obszön wurde weiter geschimpft als unser Prinz beschloss, den anderen Prinzen – „diese abgef*** Nutte“ (ungefähr bedeutungsgleich mit dem Ausdruck „Blöde Kuh“ unter Hetero-Freundinnen)  nicht noch einmal zur Party zu begleiten, nachdem er unsere absatzgepeinigten Prinzessinnen-Füße sicher ins Interims-Bettchen verfrachtet hatte.

Wir trennten uns nicht ohne das Versprechen uns alle am nächsten Abend wieder zusehen. Nico sei ein begnadeter Koch und macht göttliches Bärlauch-Pesto. Also wurde er zum Kochen am nächsten Abend verpflichtet.

Er versprach für uns extra noch einmal mit dem Fahrrad ins Kürbisfeld zu fahren um frischen Bärlauch zu pflücken. Der Gute! Wir wussten was er meint, er wohl zu diesem Zeitpunkt auch. Nach dem Ausnüchtern allerdings konnten nur wir uns noch an das Versprechen erinnern. Im abklingenden Regenbogen-Rausch schliefen wir ein um am nächsten Morgen mit einem Kopf voller Fragen aufzuwachen...

Vielleicht sind ja die Fragen, die dem Leser JETZT durch den Kopf spuken auch dabei. Dann nächsten Mittwoch rein schauen, zum Homo-Hetero-Stadtbummel-Fernseh-Abend. Und dann gibt’s auch endlich die Antwort auf die Frage nach den schwulen Einhörnern.


2 Kommentare:

  1. Ok, Kopfkino...."Hundewelpen, Hundewelpen, süße Hundewelpen..." Diese Einblicke sind ja, nun, sagen wir, neee, ich hab keine Worte! Es muss irre viel Spaß gemacht haben, ich freue mich schon auf den nächsten Post!!!!!
    Liebe Grüße
    Petra

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    1. Diese Einblicke sind einfach so zauberhaft dass ich sie mit meinen Lesern teilen MUSS! Freut mich wenns euch genauso viel Spaß macht ;-)

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