Als ich den großen Müller
heute Morgen in die Schule gefahren habe, kam mir eine wirklich originelle
Idee. Beim Autofahren habe ich übrigens immer die besten Ideen, genau wie beim
Staubsaugen. Nach einem Tobsuchtsanfall im Stadtverkehr hatte ich mal den Geistesblitz,
mittels Webcam neben dem Lenkrad eine Art Chat-Roulette „Drivers Edition“ zu
erfinden. Man könnte dann anderen beim Autofahren und damit beim Singen, Popeln oder Fluchen zuschauen. Ich denke, das könnte
echt lustig werden.
Jedenfalls kam mir heute Morgen der Gedanke an ein Retro-Videospiel nach dem Super Mario-Vorbild. Das ganze heißt natürlich – völlig logisch – Super Müllerin. Dabei kämpft sich mein pixelgewordenes Ebenbild durch verschiedene Welten, vom Klassenzimmer und dem Schulhof über die Innenstadt und den Supermarkt bis hin zum Stadtfest, den Zoo und den Weihnachtsmarkt. Überall gilt es Schüler zu besiegen, in dem man sie mit Kreide und Schlüsseln bewirft, Kollegen und Eltern muss man ausweichen. Oder man schützt sich, indem man Ohrenschützer aktiviert. Den Schlüssel und die Ohrenschützer muss man aber, ähnlich wie bei Legend of Zelda das Schwert und den anderen Kram, erst mal finden. Ja, ich lege Wert auf Realitätsnähe. Man kann kleine Proseccodosen oder Schnapspralinen finden, die machen dann stärker oder schenken einem ein Extraleben. Die Schulleiterin könnte zum Beispiel ein Endgegner sein. Oder ein Schüler mit ADHS auf Ritalinentzug. Oder ein alkoholisierter Vater. Ich denke wirklich, das würde Spaß machen.
Jedenfalls kam mir heute Morgen der Gedanke an ein Retro-Videospiel nach dem Super Mario-Vorbild. Das ganze heißt natürlich – völlig logisch – Super Müllerin. Dabei kämpft sich mein pixelgewordenes Ebenbild durch verschiedene Welten, vom Klassenzimmer und dem Schulhof über die Innenstadt und den Supermarkt bis hin zum Stadtfest, den Zoo und den Weihnachtsmarkt. Überall gilt es Schüler zu besiegen, in dem man sie mit Kreide und Schlüsseln bewirft, Kollegen und Eltern muss man ausweichen. Oder man schützt sich, indem man Ohrenschützer aktiviert. Den Schlüssel und die Ohrenschützer muss man aber, ähnlich wie bei Legend of Zelda das Schwert und den anderen Kram, erst mal finden. Ja, ich lege Wert auf Realitätsnähe. Man kann kleine Proseccodosen oder Schnapspralinen finden, die machen dann stärker oder schenken einem ein Extraleben. Die Schulleiterin könnte zum Beispiel ein Endgegner sein. Oder ein Schüler mit ADHS auf Ritalinentzug. Oder ein alkoholisierter Vater. Ich denke wirklich, das würde Spaß machen.
So könnte es aussehen, wenn Super Müllerin einen Justin trifft, der vor einer Unsterblichkeits-Proseccodose patroulliert (nur ohne Bart vielleicht) |
Ur-Keim dieses gedanklich
schon bis ins Detail ausgesponnenen Gedankenkonstrukts war übrigens mein aktives
geistiges Klemmbrett zum Thema Freizeitsport, im Speziellen zum Schwimmen in
öffentlichen Badeanstalten. Dort versuche ich mich nämlich seit kurzem wieder
regelmäßig aufzuhalten (wenn man nach dreimal schon von regelmäßig sprechen
kann). Vergangene Woche habe ich mich im Wasser wie Mario zwischen den
Bowsern gefühlt. Der Rest kam dann aus meinem Hirn gesprudelt, wie Cola aus der
Flasche, wenn man ordentlich schüttelt oder Mentos rein schmeißt.
Wenn sich der Leser jetzt
fragt „Warum um alles in der Welt geht die Müllerin schwimmen? Das ist Baden in
Menschensuppe mit nicht zu unterschätzendem Urin- und Schweißanteil und macht
außerdem keinen Spaß, dafür aber ein breites Kreuz“ so muss ich ihm zunächst
beipflichten. Aber nach dem Zurateziehen meines wankelmütigen Bindegewebes,
der nicht vorhandenen alternativ ebenso leicht zu erreichenden örtlichen Möglichkeiten das körperliche
Aktivitätsniveau zu heben, erschien mir das wöchentlich einstündige Verdrängen
von Wassermassen als das geringste zu erbringende Opfer für einen kaum merklich verlangsamten Verfallsprozess.
Okay, ich könnte joggen gehen. Aber zum einen erscheint mir Joggen insgesamt von allen Ausdauersportarten am sinnfreiesten und zweitens bin ich beim Sport am liebsten allein. Das heißt nicht, dass ich nicht Menschen im selben Raum oder Wasser dulde. Auch wenn ich mich erst gestern Abend nur knapp zurückhalten konnte, dieser dauerkichernden Ollen zwei Matten neben mir meinen hölzernen Yogablock mit Wucht gegen den Kopf zu schmettern. Oder sie mit dem Yogagurt zu erwürgen. Nur der Grad meiner Entspannung hat schlimmeres verhindert.
Okay, ich könnte joggen gehen. Aber zum einen erscheint mir Joggen insgesamt von allen Ausdauersportarten am sinnfreiesten und zweitens bin ich beim Sport am liebsten allein. Das heißt nicht, dass ich nicht Menschen im selben Raum oder Wasser dulde. Auch wenn ich mich erst gestern Abend nur knapp zurückhalten konnte, dieser dauerkichernden Ollen zwei Matten neben mir meinen hölzernen Yogablock mit Wucht gegen den Kopf zu schmettern. Oder sie mit dem Yogagurt zu erwürgen. Nur der Grad meiner Entspannung hat schlimmeres verhindert.
Das bedeutet einfach, dass
ich dabei ungern Mann, Freunde oder Kollegen dabei habe, von denen auch nur die
geringste Gefahr ekelhafter Motivationsversuche ausgeht beziehungsweise die
meinem Hang zur Selbstgeißelung auch nur im Ansatz im Wege stehen. Also müsste
ich alleine laufen gehen, im Wald versteht sich. Denn auf der Straße sind
Menschen. Im Wald hab ich aber Angst. Selbstverständlich nur vor den Wildschweinen.
Daher geh ich schwimmen.
Mannschaftsport fällt ebenso
aus, das ist wie die Gruppenarbeiten früher in der Schule oder Uni.
Kryptonit für Misanthropen. Fitnessstudios genauso. Sarah hat mich vor kurzem
gefragt, ob ich mit ihr mal hingehen will, weil sie meinen Bindegewebsmonolog
nicht mehr ertragen konnte. Ich hab ihr mit einer Gegenfrage geantwortet: Hast DU
Lust, mal einen Tag in einer Krippengruppe zu verbringen, in dem der Norovirus grassiert?
Dieses Gerätetraining. Wuäh.
Fluchtreflex. Und dann kommt vielleicht noch ein gutaussehender Kerl Mitte
Zwanzig mit Namensschild und sagt mir, dass ich irgendwas falsch mache? Hallo? Ich
darf ja wohl immer noch selbst entscheiden, wie ich mir meinen Nacken
verspanne. Werd erstmal so alt wie ich, Bengel. Kurse. Genauso schlimm. Keinen
Bock, mich von ner Gleichaltrigen mit Caprileggings und übermotiviertem
Bindegewebe im Sinne der Motivation anschreien zu lassen und dazu auch noch
schlechte Musik zu hören.
Ach ja, zu Hause Sport
machen geht auch. Hört sich eigentlich total schlüssig und sinnvoll an.
Scheitert aber an der Realität und vor allem am Sofa. Ich habe mir sechs lange
Sommerferienwochen vorgenommen, irgendwann mal morgens Yoga auf meiner Terrasse
zu machen. Und dann kam etwas, das nannten Meteorologen „Jahrhundertsommer“.
Ausrede genug.
Also geh ich in die
Schwimmhalle.
Wenn ich einen Bikini und
Badeschlappen im Auto habe, dann kann ich auch schwimmen.
Wenn ich vier Euro bezahlt
und das Drehkreuz unwiderruflich passiert habe, dann kann ich auch schwimmen.
Wenn ich schon mal mitten am
Tag in Badeklamotten am Beckenrand stehe, dann kann ich auch schwimmen.
Wenn ich mich schon ins 28
Grad kalte Wasser gehievt habe, dann kann ich auch schwimmen.
Wenn ich fünf Minuten
geschwommen bin, dann kann ich auch ne Stunde schwimmen. Muss sich ja schließlich lohnen.
Meine Art der „Wenn dann“-Motivation.
Letztlich schwitze ich beim Schwimmen nicht, meine Hüfte macht keine komischen
Geräusche und das Risiko, mich zu verletzen ist gering. Dank meiner fürstlichen
Arbeitszeiten, kann ich die öffentliche Badeanstalt schon am Mittag aufsuchen.
Das hat den Vorteil, dass der Kinderanteil in dieser Halle mit der unvorteilhaften
Akustik, gegen Null geht. Hausaufgaben statt Arschbombe heißt die Lösung. Eltern
sind auch keine da, denn von 12 bis 2 läuft das Mittagsmagazin auf RTL.
Wer geht also wochentags zur
Mittagszeit schwimmen außer Lehrer? Rentner natürlich. Vormittags sind sie beim
Arzt und nachmittags überrennen sie die Supermärkte. Allerdings habe ich in
meiner als Langzeitstudie angelegten Beobachtung (die zum gegenwärtigen
Zeitpunkt drei Besuche umfasst) noch keine Ursachen für die tageweisen Schwankungen der
Rentnerdichte eruieren können. Ich hatte bereits das Vergnügen, im fast leeren
Becken in trauter Einsamkeit vor mich hin planschen zu dürfen, war allerdings
auch schon genötigt, permanente Ausweichmanöver wie der Sat1 Superball zu
vollziehen. Ich vermute eine Korrelation mit dem vierzehntägig stattfindenden
Wochenmarkt in der Innenstadt.
Jetzt hätte der konsequente
Misanthrop in mir ab dem dritten Senioren auf der gleichen Bahn konsequent das
Becken verlassen und nach Hause gehen können, weil aber der Sportler in mir
konsequenter ist, hab ich lieber den Joey Kelly gemacht, durchgezogen und mich
dabei in menschenkategorisierenden Gedanken verloren.
Da sind zunächst die Enten. Es
gibt sie in allen Altersgruppen. Ich bin übrigens auch eine Ente. Man erkennt
sie am konsequenten Brustschwimmstil und den trockenen Haaren, gegebenenfalls
auch am unversehrten Make-up, das allerdings einen besonders langen Entenhals
erfordert. Die jüngeren Enten (ich zähle mich auch knapp dazu) schützen ihr
Kopfgefieder durch stylische Duttaufbauten, weswegen ich sie Schmuckenten
nenne, die älteren Enten durch nicht minder modische Badehauben oder drei bis
acht Extraschichten Haarlack. Die Entscheidung für eine der beiden Varianten
hängt vermutlich von der Frische der Kaltwelle im edlen silbergrauen Kopfputz
ab.
Außerdem erkennt man die Enten an ihrem charakteristischen Duft, dessen Stärke und Nachhaltigkeit proportional mit dem Alter der Ente zunimmt. Ein Rudel sehr alte Enten wird zuweilen umgeben von dichten Nebelschwaden aus 4711 und Tosca, die an das Caspar David Friedrich-Gemälde einer Moorlandschaft erinnern. Außerdem steigt auch die Zeit, die die älteren Wasservögel innen am Beckenrand ähnlich einer Nudel am Topfrand klebend, verbringen proportional zum Alter.
Außerdem erkennt man die Enten an ihrem charakteristischen Duft, dessen Stärke und Nachhaltigkeit proportional mit dem Alter der Ente zunimmt. Ein Rudel sehr alte Enten wird zuweilen umgeben von dichten Nebelschwaden aus 4711 und Tosca, die an das Caspar David Friedrich-Gemälde einer Moorlandschaft erinnern. Außerdem steigt auch die Zeit, die die älteren Wasservögel innen am Beckenrand ähnlich einer Nudel am Topfrand klebend, verbringen proportional zum Alter.
Das männliche Pendant dazu
sind die Dampfer. Eisbrecher wäre ebenso passend. Oder Walrösser. Denn genau
wie ihre Namensgeber, durchpflügen nicht selten übergewichtige Männer jenseits
der Lebensmitte ohne Rücksicht auf möglichen Gegenverkehr das Wasser. Dabei
kämpfen viele von ihnen gegen erhöhten Wasserwiderstand aufgrund dichter
Rückenbehaarung. Jeder dieser Pelzträger wäre angesprochen auf seine üppige
Körperbehaarung bei einer Kontra-Burkini-Diskussion sofort mundtot. Im
Gegensatz zu den Enten, treten die Dampfer meist als Einzelexemplar auf,
benötigen jedoch wegen ihres sehr ausladenden Rückenschwimmstils genauso viel
Platz wie ein mittelgroßes Entenrudel. Ein Dampfer hat mich einmal unter Wasser
am Schenkel leicht touchiert und sich, als er mir auf der nächsten Bahn erneut
entgegen kam, sehr förmlich entschuldigt und mir dabei versichert, dass es sich
nicht um sexuelle Belästigung handelte. Ohne Witz.
Schließlich gibt es noch die
Hechte. Von ihnen gibt es männliche und weibliche Exemplare, auch gibt es sie
in nahezu allen Altersklassen. Echte Hechte erkennt man an der sehr funktionalen
Badebekleidung zumeist einschlägiger Hersteller, der obligatorischen Schwimmbrille
und nicht selten einer sportiven Badekappe. Hechte steigen nicht über die
Leiter ins Becken sondern benutzen die vorhandenen Startblöcke. Außerdem halten
sich Hechte in der Regel auf der abgegrenzten Bahn links außen auf, um im
Training nicht auf Enten zu stoßen. Befinden sich sehr wenige Hechte im Becken,
wird neu ankommenden Enten nicht selten fast völlige Leere im Wasser suggeriert, da
sich Hechte größtenteils unter der Wasseroberfläche aufhalten. Das alles hat zur Folge, dass ich
mich, wenn ich gemeinsam mit Herrn Müller die Badeanstalt aufsuche,
bereits beim Betreten der Schwimmhalle von ihm verabschiede, da sich die
Schwimmstile von Hechten und Enten eher schlecht miteinander vereinen lassen.
All diese Menschen sind da,
aber sie sprechen nicht mit mir. Zwischen ihnen und mir befindet sich wohltuendes
Schweigen und eine gesundheitlich nur knapp unbedenkliche Menge Chlor. Das und
die Tatsache, dass man beim Schwimmen keine Schuhe trägt, lassen mir die
Schwimmhalle als einen geeigneten Ort erscheinen, an dem ich mich sportlich
betätigen kann. Vermutlich werden immer dann, wenn mein Puls steigt,
Urinstinkte bei mir geweckt, die mir signalisieren, dass ich meine Füße
entkleiden muss. Das klappt beim Yoga, wie beim sporadischen Kampfsport genauso
wie beim Schwimmen. Vielleicht liegt es aber auch einfach nur daran, dass
Turnschuhe nicht hübsch sind und es sich in HighHeels schlecht turnt.
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