Der heutige Artikel entstand in der frühen Phase des müllerschen Schaffens, hat es aber bisher nie zur Veröffentlichung geschafft. Ich schrieb ihn einst vorrangig um Erlebtes zu verarbeiten. Ihr erinnert euch möglicherweise an den von mir beschriebenen emotionalen Mülleimer, der von Zeit zu Zeit geleert werden muss, damit der Turm oben drauf nicht einstürzt.
Sicherlich habe ich in den zurückliegenden Monaten gelernt, dass sich ein Artikel mit fundamentaler Botschaft leichter verbreiten lässt und einfacher zum Leser findet. Da mir aber die Leser am liebsten sind, die mich lesen weil ich einfach ich bin, gibt es also heute mal wieder etwas fundamental-BANALES aus dem müllerschen Gefühls- und Gedankenyoga.
Vor einiger Zeit war ich Gast zur
Hochzeit meines Bruders. Der MediumMüller war als Mitglied einer stolzen Atheisten-Familie schon in in der Vergangenheit als fahnenflüchtiger Wendehals aufgefallen, als er sich aus eigenem Wunsch taufen ließ, um nicht als einziger aus der 90er-Dorfclique der Konfirmationszeremonie in der Dorfkirche fernbleiben zu müssen. Vier Jahre später trat er aus der Kirche aus, um mit seinem hart verdienten Lehrgeld keine sakralen Pseudonotwendigkeiten finanzieren zu müssen. Knapp zwanzig Jahre später bezeugt er nun seine Ehe vor Gott. Aus Liebe. Ich kann mich nicht entscheiden, ob ich das romantisch oder bescheuert finde. Vermutlich beides.
Als Atheistin aus Überzeugung bilden kirchliche Trauungen und all die anderen Veranstaltungen, für die man sich eine Stunde bei verletzter Individualdistanz auf völlig unergonomische Holzbänke setzt um einen halbnackten Langhaarigen anzustarren, der von einem Holzkreuz baumelt, für mich immer eine kleine Herausforderung. Beim Gedanken an dieses ganze Gebete und Gesinge bekomme ich Krätze-ähnliche Symptome. Ich denke, irgendwann werde ich oder das Gotteshaus bei einem dieser erzwungenen Zusammentreffen in Flammen aufgehen. Wer von uns brennt erkennt ihr an der Farbe der Flammen und des Rauchs. Ich brenne grün und neble lila. Andererseits bin ich es von Berufswegen gewohnt, den Impuls zu unterdrücken, meinen Mitmenschen mitzuteilen, dass ich an deren geistiger Klarheit Zweifel hege. Lächeln und Winken - was beim Elternabend funktioniert, das klappt auch in der Kirche.
Ich muss allerdings zugeben, dass mich diese uralten Mini-Dorfkirchen immer irgendwie einnehmen. Sie wirken auf mich wie kleine zauberhaftige Lady-Schlösser. Stellen wir uns vor, wir entrümpeln den ganzen christlichen Krempel, statten alles einwenig samtig-plüschig im Boudoir-Stil aus und schon haben wir eine Mischung aus Hogwarts, Cinderellas Schloss und Nobelbordell. Da möchte ich wohnen. Ein paar fette Engel in den Fresken dürfen bleiben, die ganzen altertümlichen Pädophilen mit Umhang und Bart werden schick übertapeziert. Aus dem Altar lässt sich eine prima Bar samt Theke schreinern, in die Sakristei kommt der Weinkeller, das Taufbecken füllen wir mit Eiswürfeln zum Kühlen des Proseccos und statt einem Podcast lese ich immer mittwochs den neuesten Blogartikel von der Kanzel aus. Wer Bock drauf hat kommt einfach vorbei, mixt sich am Altar einen Gin-Tonic und sucht sich einen Sitzsack. Die Kollektebox an der Tür lass ich aber stehen, Kasse des Vertrauens, wenn ihr versteht. Von irgendwas muss ich ja meine Heizkosten zahlen. Hohe Räume haben einen schlechte Energiebilanz.
Es gibt außerdem ein Rudel Wach-Pfaue, eine freistehende Whirlpool-Wanne und eine überdimensioniertes Himmelbett. Den Friedhof vor meiner Haustür weiß ich zu schätzen, immerhin gibt es dort keine lärmenden Kinder. Nur die Friedhofs-Besucher sollten eben auch über gelegentliche Grillabende und kleine Garten-Partys à la Frau Müller weg sehen können und sich vor allem nicht an meinem Jacuzzi zuschaffen machen. Mir drängt sich die Frage auf: wie lassen sich Grabsteine in ein BierPong-Match einbeziehen?
Als Atheistin aus Überzeugung bilden kirchliche Trauungen und all die anderen Veranstaltungen, für die man sich eine Stunde bei verletzter Individualdistanz auf völlig unergonomische Holzbänke setzt um einen halbnackten Langhaarigen anzustarren, der von einem Holzkreuz baumelt, für mich immer eine kleine Herausforderung. Beim Gedanken an dieses ganze Gebete und Gesinge bekomme ich Krätze-ähnliche Symptome. Ich denke, irgendwann werde ich oder das Gotteshaus bei einem dieser erzwungenen Zusammentreffen in Flammen aufgehen. Wer von uns brennt erkennt ihr an der Farbe der Flammen und des Rauchs. Ich brenne grün und neble lila. Andererseits bin ich es von Berufswegen gewohnt, den Impuls zu unterdrücken, meinen Mitmenschen mitzuteilen, dass ich an deren geistiger Klarheit Zweifel hege. Lächeln und Winken - was beim Elternabend funktioniert, das klappt auch in der Kirche.
Ich muss allerdings zugeben, dass mich diese uralten Mini-Dorfkirchen immer irgendwie einnehmen. Sie wirken auf mich wie kleine zauberhaftige Lady-Schlösser. Stellen wir uns vor, wir entrümpeln den ganzen christlichen Krempel, statten alles einwenig samtig-plüschig im Boudoir-Stil aus und schon haben wir eine Mischung aus Hogwarts, Cinderellas Schloss und Nobelbordell. Da möchte ich wohnen. Ein paar fette Engel in den Fresken dürfen bleiben, die ganzen altertümlichen Pädophilen mit Umhang und Bart werden schick übertapeziert. Aus dem Altar lässt sich eine prima Bar samt Theke schreinern, in die Sakristei kommt der Weinkeller, das Taufbecken füllen wir mit Eiswürfeln zum Kühlen des Proseccos und statt einem Podcast lese ich immer mittwochs den neuesten Blogartikel von der Kanzel aus. Wer Bock drauf hat kommt einfach vorbei, mixt sich am Altar einen Gin-Tonic und sucht sich einen Sitzsack. Die Kollektebox an der Tür lass ich aber stehen, Kasse des Vertrauens, wenn ihr versteht. Von irgendwas muss ich ja meine Heizkosten zahlen. Hohe Räume haben einen schlechte Energiebilanz.
Es gibt außerdem ein Rudel Wach-Pfaue, eine freistehende Whirlpool-Wanne und eine überdimensioniertes Himmelbett. Den Friedhof vor meiner Haustür weiß ich zu schätzen, immerhin gibt es dort keine lärmenden Kinder. Nur die Friedhofs-Besucher sollten eben auch über gelegentliche Grillabende und kleine Garten-Partys à la Frau Müller weg sehen können und sich vor allem nicht an meinem Jacuzzi zuschaffen machen. Mir drängt sich die Frage auf: wie lassen sich Grabsteine in ein BierPong-Match einbeziehen?
Wie auch immer, ich wohne
also der kirchlichen Trauung meines Bruders bei. Das sind die Momente und Ereignisse in meinem Leben, bei denen ich beginne in ausformulierten Sätzen zu denken und mir nichts sehnlicher wünsche als ein hirneigenes Diktiergerät mit Direktverbindung zu Facebook und Blogger.com, in dem Wissen, dass die zu Papier gebrachte Endversion nicht halb so brilliant wird wie mein sprachliches Gedankenspiel just in diesem Moment. Leider.
Ein Gottesdienst – ausgestaltet von Bruder und Schwägerin der Braut durch Orgelspiel und studierte Gesangeskunst. Ihr kennt das möglicherweise: es gibt Menschen, die können einfach singen. Und es gibt Menschen, die haben singen gelernt. Den Unterschied hört und fühlt man. Gänsehaut vs. Kotzreiz.
Was hätte ich wohl zum Programm beitragen können? Zu mehr als „Bruder Jakob“ einhändig auf dem Keyboard und vierzeiligen Trink-Liedern nach dem Motto „Der Arsch hat heut‘ Geburtstag, die Titten spieln Klavier“ hat es bei mir nie gereicht. Eine nette Rede hätte ich schreiben können. Mich hat aber niemand gefragt. Warum wohl.
Während alle beten schau' ich mich um. Ich habe selten etwas skurileres gesehen. Selbst die Publikumsplätze zur Einschulungsfeier an unserer Förderschule konnten in mir nicht solche Gefühle zwischen Lachkrampf, Ekel und Faszination wecken. Der Bruder der Braut, auf der Empore - im Rücken die Orgel, sein Instrument - steht an der Brüstung, die Hände vor dem Schoß fromm gefaltet, Augen geschlossen, Kinn leicht gesenkt. Mein Blick trifft ihn vermutlich zur gleichen Zeit wie der meiner Mutter. Bevor wir von unseren Gefühlen übermannt werden, wenden wir uns ab. Sie schaut mich an: mahnender Mutter-an-Tochter-Blick mit belustigt zuckendem Mundwinkel. Mein Gesichtsausdruck: angestrengt bis gequält zwischen stark amüsiert und dem Gedanken an durch unterdrückten Emotionen entstandene Krampfadern.
Wenig später erweist sich meine Platzwahl als besonders geschickt, da ich quasi in Slow Mo und Nahaufnahme eine Träne über die Wange meines Bruders kullern sehe. Ihm entgeht meine schwesterliche Genugtuung nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde wird aus meinem roten Bleistiftkleid ein schickes Rattenkostümchen, in dem es sich prima freuen lässt.
Die Seniormüllers fühlen sich vermutlich ebenso deplatziert wie ich an diesem Ort. Da fällt mir auf: ich bin die einzige von drei Geschwistern, die meinen Eltern den Gang zur Kirche konsequent erspart hat. Meine Brüder taten es für die Christin, mit der sie das Bett (und sonst so alles) teilten bzw. teilen. Im Umkehrschluss hieße dass, ich hätte einen gläubigen Mann heiraten müssen. Wo hätte ich den kennenlernen sollen? Auf dem Kirchentag? Oder zu meiner eigenen Verbrennung? Wartet kurz - ich muss noch fertig lachen. Ich kann mir jedenfalls nichts abwegigeres vorstellen. Meine Familie auch nicht.
Ein Gottesdienst – ausgestaltet von Bruder und Schwägerin der Braut durch Orgelspiel und studierte Gesangeskunst. Ihr kennt das möglicherweise: es gibt Menschen, die können einfach singen. Und es gibt Menschen, die haben singen gelernt. Den Unterschied hört und fühlt man. Gänsehaut vs. Kotzreiz.
Was hätte ich wohl zum Programm beitragen können? Zu mehr als „Bruder Jakob“ einhändig auf dem Keyboard und vierzeiligen Trink-Liedern nach dem Motto „Der Arsch hat heut‘ Geburtstag, die Titten spieln Klavier“ hat es bei mir nie gereicht. Eine nette Rede hätte ich schreiben können. Mich hat aber niemand gefragt. Warum wohl.
Während alle beten schau' ich mich um. Ich habe selten etwas skurileres gesehen. Selbst die Publikumsplätze zur Einschulungsfeier an unserer Förderschule konnten in mir nicht solche Gefühle zwischen Lachkrampf, Ekel und Faszination wecken. Der Bruder der Braut, auf der Empore - im Rücken die Orgel, sein Instrument - steht an der Brüstung, die Hände vor dem Schoß fromm gefaltet, Augen geschlossen, Kinn leicht gesenkt. Mein Blick trifft ihn vermutlich zur gleichen Zeit wie der meiner Mutter. Bevor wir von unseren Gefühlen übermannt werden, wenden wir uns ab. Sie schaut mich an: mahnender Mutter-an-Tochter-Blick mit belustigt zuckendem Mundwinkel. Mein Gesichtsausdruck: angestrengt bis gequält zwischen stark amüsiert und dem Gedanken an durch unterdrückten Emotionen entstandene Krampfadern.
Wenig später erweist sich meine Platzwahl als besonders geschickt, da ich quasi in Slow Mo und Nahaufnahme eine Träne über die Wange meines Bruders kullern sehe. Ihm entgeht meine schwesterliche Genugtuung nicht. Für den Bruchteil einer Sekunde wird aus meinem roten Bleistiftkleid ein schickes Rattenkostümchen, in dem es sich prima freuen lässt.
Die Seniormüllers fühlen sich vermutlich ebenso deplatziert wie ich an diesem Ort. Da fällt mir auf: ich bin die einzige von drei Geschwistern, die meinen Eltern den Gang zur Kirche konsequent erspart hat. Meine Brüder taten es für die Christin, mit der sie das Bett (und sonst so alles) teilten bzw. teilen. Im Umkehrschluss hieße dass, ich hätte einen gläubigen Mann heiraten müssen. Wo hätte ich den kennenlernen sollen? Auf dem Kirchentag? Oder zu meiner eigenen Verbrennung? Wartet kurz - ich muss noch fertig lachen. Ich kann mir jedenfalls nichts abwegigeres vorstellen. Meine Familie auch nicht.
Zur anschließenden Feier der Vermählung geht der Culture-Clash in die zweite Runde. Die Braut aus gutem Hause. Der Bräutigam: sagen wir aus
speziellem Hause, Prädikat Müller. Die Metabotschaft der eigens für das Brautpaar zusammengestellten
Fotoshow bringt es auf den Punkt. Fotos von ihr auf der Schulbühne, im
Familienurlaub, zum Abschluss und mit Musikinstrument. Fotos des Bräutigams: beim
Feiern und in Augenhöhlen geklemmte Bierdeckel. Ihr kennt das.
Der Tisch, an dem ich mit meinen anderen Familienangehörigen sitze, wirkt wie die Raucherecke auf dem Schulhof dieser Feier. Wir sind die selbsternannten Coolen, aus den Fenstern des Lehrerzimmers beobachtet und immer nicht an sondern ein wenig über der Grenze des guten Geschmacks, aber die Einzigen die Stimmung machen. Wir tanzen einen improvisierten Flashmob und wünschen uns vulgäre Musiktitel, für die sich sogar der DJ schämt. Selbst der Seniormüller tanzt im Rollstuhl mit, von seiner Frau und mir mit den Cheerleaderpuscheln aus der Fotokiste hart gefeiert...
Das Hauptmotiv in Teeniefilmen sind fast immer unüberwindbare Differenzen zwischen dem Quaterback der HighSchool-Football-Mannschaft und dem Obernerd oder eben zwischen der Chef-Cheerleaderin und dem Mauerblümchen. Jeder Protagonist braucht einen Antagonist und so findet meine Figur, die Quaterback-Cheerleaderin im roten Edelnutten-Kleid, ihre Gegenspielerin.
Die Schwägerin der Braut ist sozusagen mein Pendant. Diese Frau hat es nicht nötig ihren Selbstwert, welcher Hulks Oberarmen gleicht, durch schnöde Äußerlichkeiten aufzubessern. In ein sackförmig-erdfarbenes Kleid gehüllt, mit einer Frisur die in Form und Farbe an das erinnert, was emsige Rentnernachbarn zuweilen vormittags aus dem Rinnstein kehren, schwebt sie auf einer Wolke aus beigefarbener Selbstgefälligkeit über der gesamten Festgesellschaft. So unnahbar wie der Kannibale von Rothenburg hockt sie lauernd auf einem Stapel unsichtbarer Lexika und wartet nur darauf den allgemeingebildeten Pöbel die Nase abzubeißen. Weltliche Wesen kommen der Eiskönigin aus Angst vor Spontanerfrierungen gar nicht erst zu nahe. Angesichts ihrer augenscheinlichen Schwangerschaft fragt man sich, wie um alles in der Welt dieses Kind entstanden sein kann. Kaum vorstellbar, dass eine so asexuell wirkende Person etwas Weltliches und Triebgesteuertes wie Geschlechtsverkehr über sich ergehen lassen hat. Ach ja, da war ja diese Bibelstory von Maria mit dem magical Uterus.
Schulden auf ihrem ohnehin schon leeren Sympathiekonto bei mir macht sie, als sie den von mir großzügig und wohlwollend zur Verfügung gestellten Penisstrohhalm verschmäht. Auf eine Geste höchsten Wohlwollens meinerseits antwortet sie mit einer Todsünde. Halloooo! Es ist ein Penis! Verdammt, wie wird man denn bitte schwanger wenn man ein Problem mit Penissen hat? Stimmt, der Zauberuterus.
Jemand, der meinen Kleidungsstil als "irgendwie nuttig" definiert, selbst aber die Ausstrahlung einer Kehrschaufel Asche hat, schafft es nicht nur auf meine schwarze Liste der Antipathie, sondern er erwirbt damit eine Dauerkarte für Rang 1 auf dieser.
Versteht das nicht falsch! Wenn der „Nuttig-Stempel“ aufgedrückt wird, bedeutet das für mich gemeinhin, dass der Arbeitsauftrag erfüllt ist aber diese Frau mit dem Charme eines Trekkingschuhs kann das doch gar nicht beurteilen!
Richtig, ein Trekkingschuh. So überflüssig diese Studentin in fünfzig Grau-Tönen auch ist, sie hat mir dennoch diesen bahnbrechenden Vergleich beschert als sie am Morgen nach der Feier mit ihrem Mann in eben genau diesem Schuhwerk gleich im Outdoorjacken-Partnerlook zum Frühstück erschien. Ich danke ihr, denn Frau Müller liebt solche Vergleiche. Sie regen sie zum sinnieren an.
Ich denke darauf herum. Eine Frau Typ „Trekkingschuh“: der Charme-Score liegt im Negativ-Bereich, es gibt sie nur in gedeckten Farbtönen, man kann das Geschlecht kaum erkennen und braucht sie nur für Dinge die man eh kaum oder nur ungern tut – diese Merkmale passen auf die Frau ebenso wie auf den Schuh.
Der Schuhschrank im Familienkreis ist prall gefüllt und von jedem Modell ist was dabei. Die gestrige Braut beispielsweise entspricht für mich dem Modell Ballerina. Aufs Mindeste reduziert, sportlich-elegant, praktisch aber trotzdem feminin.
Meine zweite Schwägerin ist ein Gummistiefel: robust, nicht sehr ladylike, kaum zu kombinieren aber leistet treue Dienste wenn man durch die Scheiße muss und hält immer dicht. Gummistiefel sollte jeder haben.
Meine Cousine, gebeutelt von zwei anstrengenden Kindern und einem missratenen Mann, entspricht meinen ehemaligen Lieblings-Pumps: in früheren Zeiten schön und elegant mit viel Charme und nahezu mit allem kombinierbar. Heute lässt einen der ausgelatschte Anblick, wenn man alle paar Jahre mal zum hinteren Teil des Schuhschranks durchdringt, wehmütig in längst vergangenen Zeiten schwelgen. Dieser Mann neben ihr ist wie ein Kaugummi unter den Sohlen, der einen daran hindert, die Schuhe einfach zum Schuster zu bringen. Jemand sollte dieses klebrige Ding endlich abkratzen.
Der Tisch, an dem ich mit meinen anderen Familienangehörigen sitze, wirkt wie die Raucherecke auf dem Schulhof dieser Feier. Wir sind die selbsternannten Coolen, aus den Fenstern des Lehrerzimmers beobachtet und immer nicht an sondern ein wenig über der Grenze des guten Geschmacks, aber die Einzigen die Stimmung machen. Wir tanzen einen improvisierten Flashmob und wünschen uns vulgäre Musiktitel, für die sich sogar der DJ schämt. Selbst der Seniormüller tanzt im Rollstuhl mit, von seiner Frau und mir mit den Cheerleaderpuscheln aus der Fotokiste hart gefeiert...
Das Hauptmotiv in Teeniefilmen sind fast immer unüberwindbare Differenzen zwischen dem Quaterback der HighSchool-Football-Mannschaft und dem Obernerd oder eben zwischen der Chef-Cheerleaderin und dem Mauerblümchen. Jeder Protagonist braucht einen Antagonist und so findet meine Figur, die Quaterback-Cheerleaderin im roten Edelnutten-Kleid, ihre Gegenspielerin.
Die Schwägerin der Braut ist sozusagen mein Pendant. Diese Frau hat es nicht nötig ihren Selbstwert, welcher Hulks Oberarmen gleicht, durch schnöde Äußerlichkeiten aufzubessern. In ein sackförmig-erdfarbenes Kleid gehüllt, mit einer Frisur die in Form und Farbe an das erinnert, was emsige Rentnernachbarn zuweilen vormittags aus dem Rinnstein kehren, schwebt sie auf einer Wolke aus beigefarbener Selbstgefälligkeit über der gesamten Festgesellschaft. So unnahbar wie der Kannibale von Rothenburg hockt sie lauernd auf einem Stapel unsichtbarer Lexika und wartet nur darauf den allgemeingebildeten Pöbel die Nase abzubeißen. Weltliche Wesen kommen der Eiskönigin aus Angst vor Spontanerfrierungen gar nicht erst zu nahe. Angesichts ihrer augenscheinlichen Schwangerschaft fragt man sich, wie um alles in der Welt dieses Kind entstanden sein kann. Kaum vorstellbar, dass eine so asexuell wirkende Person etwas Weltliches und Triebgesteuertes wie Geschlechtsverkehr über sich ergehen lassen hat. Ach ja, da war ja diese Bibelstory von Maria mit dem magical Uterus.
Schulden auf ihrem ohnehin schon leeren Sympathiekonto bei mir macht sie, als sie den von mir großzügig und wohlwollend zur Verfügung gestellten Penisstrohhalm verschmäht. Auf eine Geste höchsten Wohlwollens meinerseits antwortet sie mit einer Todsünde. Halloooo! Es ist ein Penis! Verdammt, wie wird man denn bitte schwanger wenn man ein Problem mit Penissen hat? Stimmt, der Zauberuterus.
Jemand, der meinen Kleidungsstil als "irgendwie nuttig" definiert, selbst aber die Ausstrahlung einer Kehrschaufel Asche hat, schafft es nicht nur auf meine schwarze Liste der Antipathie, sondern er erwirbt damit eine Dauerkarte für Rang 1 auf dieser.
Versteht das nicht falsch! Wenn der „Nuttig-Stempel“ aufgedrückt wird, bedeutet das für mich gemeinhin, dass der Arbeitsauftrag erfüllt ist aber diese Frau mit dem Charme eines Trekkingschuhs kann das doch gar nicht beurteilen!
Richtig, ein Trekkingschuh. So überflüssig diese Studentin in fünfzig Grau-Tönen auch ist, sie hat mir dennoch diesen bahnbrechenden Vergleich beschert als sie am Morgen nach der Feier mit ihrem Mann in eben genau diesem Schuhwerk gleich im Outdoorjacken-Partnerlook zum Frühstück erschien. Ich danke ihr, denn Frau Müller liebt solche Vergleiche. Sie regen sie zum sinnieren an.
Ich denke darauf herum. Eine Frau Typ „Trekkingschuh“: der Charme-Score liegt im Negativ-Bereich, es gibt sie nur in gedeckten Farbtönen, man kann das Geschlecht kaum erkennen und braucht sie nur für Dinge die man eh kaum oder nur ungern tut – diese Merkmale passen auf die Frau ebenso wie auf den Schuh.
Der Schuhschrank im Familienkreis ist prall gefüllt und von jedem Modell ist was dabei. Die gestrige Braut beispielsweise entspricht für mich dem Modell Ballerina. Aufs Mindeste reduziert, sportlich-elegant, praktisch aber trotzdem feminin.
Meine zweite Schwägerin ist ein Gummistiefel: robust, nicht sehr ladylike, kaum zu kombinieren aber leistet treue Dienste wenn man durch die Scheiße muss und hält immer dicht. Gummistiefel sollte jeder haben.
Meine Cousine, gebeutelt von zwei anstrengenden Kindern und einem missratenen Mann, entspricht meinen ehemaligen Lieblings-Pumps: in früheren Zeiten schön und elegant mit viel Charme und nahezu mit allem kombinierbar. Heute lässt einen der ausgelatschte Anblick, wenn man alle paar Jahre mal zum hinteren Teil des Schuhschranks durchdringt, wehmütig in längst vergangenen Zeiten schwelgen. Dieser Mann neben ihr ist wie ein Kaugummi unter den Sohlen, der einen daran hindert, die Schuhe einfach zum Schuster zu bringen. Jemand sollte dieses klebrige Ding endlich abkratzen.
Meine besondere Freundin Sarah hört sich meine Theorie gespannt an und meint abschließend: „Ich trau mich gar nicht zu fragen,
welcher Schuh wir dann sind“.
In der Tat, eine gute Frage. Denken wir also nach.
Wir sind Schuhe, die erstmal grundsätzlich nicht jeder tragen kann, weil man dafür SpecialSkills benötigt. Wir haben einen schmückenden Effekt, über den der eine oder andere zu streiten vermag und sind nicht zu jeder Gelegenheit wirklich angemessen. Führt man uns dennoch aus und lässt den Anlass unbeachtet, muss man damit rechnen, dass man auffällt und das nicht bei jedem positiv. Kenner bezeichnen uns wohlwollend als „irgendwie nuttig“ und wir verstehen das Kompliment dahinter, die Anderen stellen uns dasselbe Prädikat aus und glauben uns damit verunsichern zu können. Wir eignen uns insbesondere für sitzende und vor allem liegende Aktivitäten, fürs Gehen mit uns sollte man viel Übung haben. Auch wenn es eigentlich viel zu einfach klingt: Der einzige Schuh, der auf diese Beschreibung zutrifft, ist ein knallroter 14cm-Highheel in Velourlederoptik mitPfennigabsatz.
Und jetzt seid ihr dran - rechnet eure Freunde und Familienmitglieder in Schuhmodelle um und lasst einen Kommentar da. Auf dass sich der Schuhschrank fülle.
In der Tat, eine gute Frage. Denken wir also nach.
Wir sind Schuhe, die erstmal grundsätzlich nicht jeder tragen kann, weil man dafür SpecialSkills benötigt. Wir haben einen schmückenden Effekt, über den der eine oder andere zu streiten vermag und sind nicht zu jeder Gelegenheit wirklich angemessen. Führt man uns dennoch aus und lässt den Anlass unbeachtet, muss man damit rechnen, dass man auffällt und das nicht bei jedem positiv. Kenner bezeichnen uns wohlwollend als „irgendwie nuttig“ und wir verstehen das Kompliment dahinter, die Anderen stellen uns dasselbe Prädikat aus und glauben uns damit verunsichern zu können. Wir eignen uns insbesondere für sitzende und vor allem liegende Aktivitäten, fürs Gehen mit uns sollte man viel Übung haben. Auch wenn es eigentlich viel zu einfach klingt: Der einzige Schuh, der auf diese Beschreibung zutrifft, ist ein knallroter 14cm-Highheel in Velourlederoptik mitPfennigabsatz.
Und jetzt seid ihr dran - rechnet eure Freunde und Familienmitglieder in Schuhmodelle um und lasst einen Kommentar da. Auf dass sich der Schuhschrank fülle.
Sollte ich mit dem heutigen Artikel irgendwen meiner Familie irgendwie verletzt haben - lest nochmal. Irgendwo ist ein Kompliment an euch versteckt - ihr müsst es nur finden. Jedenfalls liebe ich ALLE meine Schuhe.
Wer nicht verpassen will,
wenn ich mal wieder was WICHTIGES schreibe,
Sehr gelacht! Ich hätte den Strohhalm genommen und genüsslich getrunken. Ich bin immer zu laut und gerne zu schrill. Was für ein Männerschuh wäre ich dann? Ein Lederoverknee ala Jonny Depp? Kann ich mit dienen, bunte Sneakers? Kann ich auch. Aber was ich wirklich weiß ist, dass es mir immer die Frauen in roten High Heeled Sitz- und Liegeschuhe angetan haben!
AntwortenLöschenWeil sie meistens genauso laut und schrill sind wie du? ;-)
LöschenLaute, schrille Männerschuhe. Hmmm, ja. Ich bin zwar kein Pirats of the Karibik-Fan aber ich denke Leder-Overknees an Männern sind ziemlich laut...
LG
Frau Müller
Mal wieder ein großartiger Beitrag, ich habe mich köstlich amüsiert.
AntwortenLöschenIch mich auch ;-)
LöschenDanke dir
GlG
Zum falschen Zeitpunkt entdeckt. Hab tierischen Muskelkater vom Wochenende, und dann das. Lach mal mit Muskelkater 😂😂. Ab jetzt werde ich dir auf niedlichen Puschen folgen
AntwortenLöschenWillkommen in meinem begehbaren Lehrerzimmer-Schuhschrank ;-)
LöschenLG
Frau Müller
Fast vergessen Gaby, ich werde auf FB weiter folgen
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